Hessen steigt aus Asyl–Hysterie aus

■ Die Landesregierung zieht bei der repressiven Flüchtlingspolitik der „Kohl–Runde“ nicht mit

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Wiesbaden (taz) - Hessen wird sich der in der sogenannten „Kohl–Runde“ am vergangenen Donnerstag verabredeten „Linie der Unbarmherzigkeit gegenüber Asylsuchenden“ nicht anschließen. Das erklärte gestern die Landtagsgruppe der Grünen. Sie verwies in einer Pressemitteilung auf ein Koalitionsgespräch vom 11. September, in dem zwischen SPD und Grünen „einvernehmlich festgehalten“ worden sei, daß es auch bei einer Grundgesetzänderung in Hessen „keine Verschlechterung der Lebens– und Aufenthaltsbedingungen von Flüchtlingen“ geben dürfe. Im einzelnen sei verabredet worden, daß in Hessen keine Verlängerung des „sowieso schon unsozialen“ Arbeitsverbotes eingeführt werde. Darüberhinaus erteile das Land, so die Grünen, der geplanten „Verkürzung des Rechtsweges“ bei der Antragsbehandlung eine klare Absage. Fortsetzung auf Seite 2 Wie der Pressesprecher der Grünen, Reinhold Weist, weiter mitteilte, wird Hessen „auf dieser neuen Linie der Humanität“ auch keine Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern in Bürgerkriegsgebiete durchführen, „wie sie jetzt zum Beispiel von Berlin aus in den Libanon vorgenommen werden sollen“. Hessen, so Weist abschließend, müsse „liberales Gegengewicht zur intoleranten Bonner Ausländerpolitik“ bleiben. Für die SPD–Fraktion erklärte deren Sprecher Hans Zinnkann, daß die Sozialdemokraten - auch nach dem „Kohl–Gespräch“ - weiter zu den Vereinbarungen der Koalitionsrunde vom 11.9. stehen würden: „Wir werden uns in Hessen nicht zum Büttel der schändlichen Ausländerpolitik der Union machen“. Die Nichtabschiebung auch abgelehnter Asylbewerber in Kriegsgebiete sei ohnehin bereits Praxis im Hessenland. Allerdings trete die SPD - entgegen den Vorstellungen der Grünen - eindeutig für eine Beschleunigung des Asylverfahrens ein, „schon aus humanitären Gründen“. Insgesamt, so Zinnkann, werde es in Hessen keine wie auch immer geartete „Aushöhlung des grundgesetzlich garantierten Asylrechts für politisch–, rassisch– und religiös Verfolgte“ geben. Die Grünen im Landtag beabsichtigen, über die bisherigen Vereinbarungen mit der SPD hinausgehende „Sicherungen“ im Asylrecht zu verankern. Die „Duldung“ abgelehnter Asylbewerber einzig aus „humanitären Gründen“, reiche nicht aus, um den betroffenen Ausländern einen sicheren Schutz bieten zu können. Diesen Menschen, denen etwa im Libanon oder im Iran - bei einer eventuellen Abschiebung - der Tod drohe, müsse in Hessen ein „förmliches Bleiberecht“ zuerkannt werden. Die Landtagsfraktion der Grünen wird in den nächsten Tagen entsprechende Initiativen ergreifen.