Frische Shrimps mit Cocktail „Molotow“

■ Oder: Freizeit in der Feuerpause / Aus dem Arbeitsressort des libanesischen Tourismusministers Joumblatt / Eine Reportage über die schicksten Adressen, die sonnigsten Strände und die besten Aussichten auf die Zukunft Beiruts

Aus Beirut Petra Groll

Das Leben in Beirut, im Zedernland Allahs, wie wunderbar. Wenn erst in einigen Wochen wieder Schnee in den Bergen fällt, dann kann man die geographischen Extravagancen des Libanon so richtig auskosten: von der Skipiste zum Sonnenbad am Mittelmeerstrand nur eine halbe Autostunde. Die paar Straßensperren der syrischen oder libanesischen Armee, irgendeiner christlichen oder moslemischen oder weiß der Teufel welcher Miliz, was macht das schon? Notfalls hilft ein Auto voller Bodyguards. Und die kann man mieten. Ziemlich preiswert sogar, 3.000 bis 4.500 libanesische Lira pro Monat und Colt. Mehr kriegen die Pistoleros nämlich auch bei den Milizen nicht. Das sind - ohne Mehrwert - und sonstige Steuern gerade mal zwei Nächte in Westbeiruts letzter Luxusenklave, dem Strandhotel „Summerland“. Einzelzimmer ohne Frühstück versteht sich. Das „Summerland“ ist ausgebucht bis Mitte Oktober. Da sind libanesische Auswanderer, die im Sommer der Hitze der Golfstaaten entfliehen und sich und ihre Familie monatelang im „Summerland“ einmieten. Aber allein ein Nachmittag am Summerland–Swimmingpool bietet großes Vergnügen. Das finden auch die deutschen Jungs vom BGS, BKA und GSG 9, wenn sie ihren Feierabend in der Sonne genießen. Mädchen, daß es einem schier die Sprache verschlägt. Jung und schön und in den allerheißesten Badefädchen. Daß mann sie besser in Ruhe lassen soll, weil sie überwiegend aus schiitischen Familien stammen, das behaupten nur ganz böse Zungen. Roger sagt, mann muß ganz schön auf der Hut sein. Durch den Krieg hapert es nämlich an Ehemännern. Die heiß begehrten Männer mit Aussicht auf Karriere jedenfalls wandern aus. Wer weiß schon, daß mehr Libanesen im Ausland leben als im Libanon selber? Nun ja, während die Männer im Ausland arbeiten, aalten sich die Damen allein in der Sonne am Pool. Oder sie schlendern durch die Beiruter Boutiquen und decken sich ein; aber nur vom Feinsten: Dior, Chanel, Cardin. Sie könnten z.B. aber auch Surfen gehen, Tennis oder Golf spielen, oder einen Ausflug in die Berge machen und Tontauben schießen. Schließlich kostet es reichlich, die Milizen zu überzeugen, daß man diese Anlagen wirklich behalten will. Und wenn der Tag damit nicht ausgefüllt war, dann könnte man auch noch ins Kino gehen. Nehmen wir nur das heutige Programm, eine Auswahl: „Out of Africa“, „Under the Cherry Moon“, „Desperately Seeking Susan“, „Top–Gun“, die US Navy in Action, „Cobra“, der letzte Stallone, „Rawdeal“ mit Schwarzenegger, „Police–Academy 3“, „Hell Camp“–Blutrache, „Neuneinhalb Wochen“, schon in der 20. Woche. Dann eben ins Restaurant. Zwar ist mit der Zeit alles ein wenig heruntergekommen, im österreichischen Myrtom–House gibts keine Roquefort–Sauce mehr zum Salat (zu teuer, sagt der Kellner) im „Isolabella“ keine französische Käseplatte (Importwaren müssen mit harten Devisen gezahlt werden, sagt der Kellner), in der „Spaghetteria“ pult keiner mehr die Shrimps aus der Schale (Personal muß eingespart werden, sagt der Kellner). Dennoch läßt sich mit 800 L.L. (ca. 40 DM) ein halbwegs gutes Essen zu zweit gestalten. Und wer nicht hat, der ißt eben Brot und Linsen und Reis. Später dann in einen Nachtclub. Nehmen wir doch das „Backstreet“ im Westteil der Stadt, in Ras–Beirut. Poppig, rot–schwarz eingerichtet, etwas ordinär viel leicht für den europäischen Geschmack, aber immerhin Tanzfläche und Discosound bis in die Puppen. Und anschließend dann einen kleinen Trip an die Corniche. Kein Parkplatz zu kriegen an der ganzen langen Straße am Meer. Um Mitternacht noch lassen sie sich von fliegenden Händlern mit Cola und Eis und Nüßchen versorgen. Das Riesenrad am alten Luna–Park läuft noch wie geschmiert; weiß der Himmel, wieviel Schutzgeld der Betreiber entrichten muß. Aber was tut der Beiruter nicht alles für seine Klappstuhlromantik. Nun sage aber niemand mehr, daß ein vergnügliches Leben im Libanon nicht möglich wäre. Im Gegenteil, die Möglichkeiten scheinen fast unbegrenzt. Vielleicht ist die ganze Angelegenheit nur noch nicht genug erkundet. Warum sollten sich nicht der Club Mediterrane, Neckermann und wie sie alle heißen, zusammentun und die Geschichte ins Rollen bringen? Man muß den Libanon nur ein wenig schmackhafter machen und endlich einmal über die guten Seiten des Lebens berichten. Das ist die Verantwortung der Medien, die sich jahrelang am Bürger– und anderem Krieg in diesem Land gesundgestoßen haben. Vielleicht sollte ich mit Touristikminister Joumblatt ins Geschäft kommen?