„Diesmal wieder...Kraut und Rüben“

■ Am kommenden Sonntag müssen die Niedersachsen schon wieder an die Urnen / Das Interesse an den Kommunalwahlen ist minimal / Die CDU präsentiert sich als zerstrittener Haufen, in dem sich aufstrebende Polit–Technokraten durchsetzen

Aus Hannover Axel Kintzinger

Dreimal innerhalb eines halben Jahres werden die Niedersachsen zur Wahl gebeten. Nach der Landtags– und vor der Bundestagswahl sollen die 5,6 Millionen Stimmberechtigten am Sonntag über die Sitzverteilung in Stadträten und Kreisparlamenten entscheiden. Insgesamt 75.708 Frauen und Männer bewerben sich um ein Mandat in den kommunalen Vertretungen, sie kommen aus 14 Parteien und Listenverbindungen. Allerdings kandidieren nur CDU und SPD neben den Städten auch in allen 29 Landkreisen. Die letzten Kommunalwahlen brachten der CDU 1981 einen überwältigenden Erfolg, landesweit schnitten sie mit 50,2 Prozent ab. SPD und Grüne erreichten zusammen gerade einmal 40 Prozent, selbst in kreisfreien Städten und Universitätsstandorten hatte die Union oft die Nase vorn. Das soll nun, so hoffen Sozialdemokraten wie Grüne, anders werden. Wenn der bei der Landtagswahl gezeigte Trend anhält, bahnt sich in einigen Städten und Kreisen tatsächlich eine Wende an, im Norden des Landes wird schon jetzt offen über rot–grüne Rathäuser gesprochen. Spannend ist der Wahlkampf dennoch nicht. In der Landeshauptstadt Hannover deuten lediglich Plakate auf den Urnengang hin. Politische Inhalte werden darauf nicht transportiert: „Statt Kraut und Rüben“, „Fakten statt Faxen“ und „Auf gehts“ sind die Slogans der CDU, „Das Erreichte sichern - die Zukunft gestalten“ fordert die SPD. Die Freien Demokraten betreiben umweltbewußt Plakat–Recycling und stellen die Ständer von der Landtagswahl auf. Motto: „Diesmal wieder...“. Ebenfalls tief in die Mottenkiste politischer Parolen hat die GABL (Grün–Alternative Bürgerliste) gegriffen. „Es geht auch anders“ ziert einen recht netten Cartoon, den man sich vor sechs Jahren und ohne Parteiemblem vielleicht in die WG–Küche gehängt hätte, der im Straßenbild aber überhaupt nicht auffällt. Veranstaltungen und Diskussionen fehlen in der Vorwahlzeit. „Die große Koalition der letzten fünf Jahre bestimmt auch den Wahlkampf“, befindet das hannoversche Stadtmagazin FLEX, „und die Koalitionäre von SPD, CDU und FDP haben allen Grund, diese gemeinsame Vergangenheit nicht mit häßlichen Auseinandersetzungen in Erinnerung zu rufen.“ Die vier GABL–Abgeordneten hatten der De–facto–Koalition der Altparteien wenig entgegenzusetzen. Dennoch ist man bei der GABL zuversichtlich, mindestens wieder die vier Mandate zu bekommen - vor allem wegen der zu erwartenden niedrigen Wahlbeteiligung: „Wir haben einen festen Stamm“, schätzt Ratskandidat Pico Jordan, „und der geht zu jeder Wahl.“ Festzustehen scheint auch, daß Herbert Schmalstieg (SPD) Oberbürgermeister von Hannover bleibt. Denn die dortige CDU präsentiert sich bis zur Wahl als ein heillos zerstrittener Haufen. Junge, aufstrebende Polit–Technokraten hatten die jahrenlange Herrschaft christdemokratischer Stammtischpolitiker satt und wagten im Sommer einen Putsch. Mit Erfolg. Die alte Garde wurde auf aussichtslose Listenplätze verbannt, das schlechte Bild in der Öffentlichkeit blieb. Kommunalwahlen sind aber auch für andere Kuriositäten gut. So kandidiert im Göttinger Stadtteil Geismar eine „Wählergruppe Neuer Friedhof“. Ihr Spitzenkandidat heißt - trefflicher gehts nimmer - Kurt Lebendig.