I N T E R V I E W „Besonders Männer machen uns an“

■ Elisabeth De Vries und Helma Oltmanns über die Bremer „Grauen Panther“

taz: Wieviel Prozent Frauen sind bei Euch? Elisabeth: Ich möchte sagen, wir sind 95 Prozent Frauen und 5 Prozent Männer bei den grauen Panthern. Und unsere Männer, die hören sich an, was die Frauen sagen und stimmen uns zu. Sie sind also ein bißchen in der Passivität, aber sie finden immer, was die Frauen sagen, richtig. Und wenn wir sie brauchen, z.B. wenn wir was transportieren müssen, dann sind sie immer da. Wie erklärt Ihr Euch, daß hauptsächlich Frauen im Schutzbund sind? Die Frauen haben ja noch mehr Probleme. Die haben Kinder bekommen und ein Leben lang versorgt, oder sogar noch gearbeitet und doch bekommen sie weniger Rente als die Männer. Und da macht man sich halt Gedanken drüber, warum wir so benachteiligt sind. Helma: Wenn wir z.B. auf der Straße sind und unsere Flugblätter verteilen, dann werden wir ganz besonders von Männern angemacht. Die sagen uns: Geht doch nach Hause und macht Euren Haushalt. Wenn ihr nicht genug Rente habt, seid ihr selbst schuld, dann habt ihr nicht genug gearbeitet. Das ist doch komisch, da müßten ja alle Frauen faul gewesen sein! Und deshalb fordern wir eine Mindestrente, damit vor allem die Benachteiligung der Frauen aufhört. Wie kommt es zu dieser Rollenverteilung? E: Ja, vielleicht liegt es doch daran, daß die Frauen mehr Mut haben. Auch in gesellschaftlichen Dingen. Wir haben doch im Krieg alles alleine machen müssen. Kinder großziehn, den ganzen Alltag bewältigen, dann haben sie uns auch noch in die Kriegsproduktion gesteckt. Da mußten wir lernen, selbst zu bestimmen und haben Selbstvertrauen gekriegt. Waren viele von Euch schon immer politisch aktiv? H: Nein. Ich hab bis 67 gearbeitet, weil ich als Putzfrau und Kantinenangestellte nur 198 Mark Rente hatte. Dann waren die Kinder aus dem Haus und ich hab überlegt: Irgendwas mußte ich jetzt machen. Da bin ich aus Neugierde zu den Grauen Panthern. Aber ich mochte gar nichts sagen, weil ich das nicht gelernt hatte. Reden, das hab ich mir erst ganz langsam auf der Volkshochschule erarbeiten müssen. Das machen viele bei uns. Aber jetzt, jetzt will ich mich hier mit meiner ganzen Kraft einsetzen E: Ja, also, ich war mir damals, als ich mit meinen Kindern im Bunker saß, schon einig, daß es so einen Krieg nie wieder geben dürfe. Und daür hab ich auch schon immer gekämpft. Diese Erfahrungen sind es auch, die wir jetzt den jungen Frauen weitergeben wollen und uns mit ihnen zusammenschließen wollen. Die haben nämlich noch die Ausdauer und wir geben unsere Erfahrung dazu, das klappt wunderbar. H: Ja, jetzt gerade auf der Bremer Frauenwoche, da war eine tolle Zusammenarbeit. Viele haben auch unsere Flugblätter mitgenommen und gesagt, das sei für ihre Oma. Aber eigentlich interessiert sie das ja selbst, glaub ich. Und das kann man ja sagen, da ist ja nichts bei, nä. Interview: Vera Kuenzer