D O K U M E N T A T I O N Stillstand im Verkehr

■ Das Urteil des Verwaltungsgerichtes München

Der zulässige Antrag ist teilweise begründet. Ausgehend von der Brokdorf– Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und den dortigen Ausführungen zum Umfang und Rang des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit darf dem Antragsteller nach Auffassung der Kammer die Abhaltung einer Versammlung am 4.10.1986 nicht völlig verboten werden. Dies gilt vor allem in Hinblick auf die Landtagswahl am 12.10.1986. Verkehrsprobleme allein rechtfertigen ein totales Verbot nicht. Das von der Antragsgegnerin dem Antragsteller entgegengehaltene Argument, durch einzelne Teilnehmergruppen würde es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen, trägt nach Ansicht der Kammer das Verbot der Abhaltung einer Kundgebung auf dem Königsplatz nicht. Andernfalls würden friedliche Demonstrationen gegen die Nutzung der Kernenergie von vorneherein unmöglich gemacht werden. Den friedlichen Versammlungsteilnehmern darf die Chance einer Grundrechtsausübung nicht von vornherein abgeschnitten werden. Einmal erscheint es auf dem Königsplatz leichter, gewalttätigen Auseinandersetzungen mit polizeilichen Mitteln zu begegnen als bei einem Umzug durch die möglicherweise verstopfte Innenstadt. Zum anderen dürften dort Anreize zu Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt, wie z.B. Vorbeizug an obersten Staatsbehörden, fehlen. Etwas anders gilt nach Auffassung der Kammer für den vom Antragsteller geplanten Umzug sowohl in der beantragten Routenführung als auch für die sonstigen vorgetragenen Alternativen. Alle diese Möglichkeiten führen in Anbetracht der besonderen Umstände am 4.10.1986 (Oktoberfest, verkaufsoffener Samstag, Fußballspiel des FC Bayern) zu schwerwiegenden Verkehrsstörungen bis hin zum Stillstand des Straßenverkehrs. Besonderes Gewicht hat dabei, daß es nicht ausgeschlossen werden kann, daß notwendige Rettungs–, Feuerwehr– und Polizeieinsätze in erheblichem Umfang behindert werden. Diese Beeinträchtigungen überschreiten das der Allgemeinheit zumutbare Maß an Belästigungen; sie stellen vielmehr schon Risiken für Leben und Gesundheit der Bevölkerung dar. Zusammen mit der nicht auszuschließenden, nicht geringen Gefahr von Ausschreitungen einzelner Teinehmergruppen liegt nach Auffassung der Kammer eine Sicherheitslage vor, die die Annahme einer unmittelbaren Gefährdung i.S. des § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz rechtfertigt. Bei der Beurteilung der Sicherheitslage mißt die Kammer dem Umstand, daß sich die Bundesversammlung der Grünen sowie die SPD und der Bund Naturschutz von einer Teilnahme an der vom Antragssteller geplanten Demonstration distanzieren (siehe SZ, Ausgabe vom 29.9.86) besonderes Gewicht bei. Außerdem hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, daß sich einige Teilnehmergruppen zur Anwendung von Gewalt bekannt haben und in der Vergangenheit gewalttätig in Erscheinung getreten sind.