Ende des Paragraphen?

■ Alice Schwarzer startet eine neue Kampagne gegen den § 218

Da tauchen Erinnerungen an die 70er Jahre und den Beginn der neuen Frauenbewegung auf. Doch bietet sich jetzt ein anderes Bild. Praktisch im Alleingang versucht Frau Schwarzer in letzter Sekunde Wahlkampfpolitik und setzt FDP, SPD und den Grünen die Pistole auf die Brust: Entweder ihr reicht Verfassungsklage gegen den § 218 ein oder ihr seid für Frauen nicht wählbar. Ausgerechnet das Verfassungsgericht soll für die Durchsetzung der Fristenlösung bemüht werden, das diese vor elf Jahren selbst zugunsten der Indikationenlösung zu Fall brachte. Dabei weiß Alice Schwarzer genau, daß ihr „Manifest“ nicht auf Gegenliebe stoßen kann. Die SPD will sich am § 218 nicht die Finger verbrennen und ebensowenig die Grünen. Die haben nach langen Auseinandersetzungen die ersatzlose Str 70er Jahren den „Druck von der Straße“, eine Frauenbewegung, die sich vorbehaltlos dem Kampf gegen den § 218 verschreibt. Und hier sind Zweifel an dem Sinn einer aus dem Boden gestampften „Weg–mit–Kampagne“ angebracht. Die Kräfte der engagierten Frauen werden eher gebraucht, um die konkreten Kämpfe gegen die Aushöhlung der Indikationenlösung zu führen. Darüber hinaus behindert eine solche Kampagne die am Anfang stehende Diskussion unter Feministinnen um die moralische Dimension von Abtreibungen. Die Entwicklungen bei den Gen– und Reproduktionstechnologien stellen die Frage nach dem „Schutz des ungeborenen Lebens“ neu, eben auch für Feministinnen neu. Alice Schwarzer will aber offenbar nicht unterscheiden zwischen einer neuen Nachdenklichkeit bei Frauen und den Moralaposteln jeglicher Couleur, die den Frauen ihre moralische Verantwortung absprechen. Helga Lukoschat