„Wir werden nie die Waffen strecken“

■ Nach dem amerikanischen Senatsbeschluß gibt Südafrikas Premierminister Botha Durchhalte–Parolen aus

US–Präsident Reagan nahm die größte Schlappe für seine bisherige Außenpolitik mit einem Ausdruck „tiefsten Bedauerns“ zur Kenntnis. Seine Hoffnung allerdings, die südafrikanische Regierung reagiere „mit Mut und Vernunft“ auf die Sanktionsbeschlüsse gegen das Apartheidregime, dürften trügen. „Schulter an Schulter gegen den Rest der Welt“, so lassen sich gegenwärtig die Gefühle der Buren umschreiben. Ihre Regierung scheut sich nicht, nun ihrerseits zur Sanktionspolitik gegen die benachbarten Staate zu greifen. Ein neues Kapitel in der Geschichte der Burenrepublik ist aufgeschlagen. „Ein Durchbruch für jene Kräfte, die den Schwindel von Bothas Reformen durchblickt haben“, ist es überschrieben.

Als Senator Helms seinem Kollegen Ed Zorinski in einem Nebenraum des Senats den Telefonhörer in die Hand drückte, damit dieser mit dem südafrikanischen Außenminister Botha rede, wußte er nicht, daß dieses Telefongespräch die endgültige Niederlage der Sanktionsgegner im Kongress herbeiführen würde. Pik Bothas unverhüllte Drohungen an die Adresse des Senators aus Nebraska, im Falle eines definitiven Sanktionsbeschlusses keinen Weizen aus dessen Heimatstaat mehr zu kaufen, machte Schlagzeilen in Südafrika wie in den Vereinigten Staaten und sorgte für zusätzliches böses Blut bei den Mitgliedern des Kongresses, bevor sie am Donnerstag einem weitgehenden Paket wirtschaftlicher Strafmaßnahmen gegen das Apartheid–Regime zustimmten. Deutlicher Beschluß Mit 78 zu 21 fiel die Zustimmung des Senats gegen die Sanktionen deutlicher aus, als allgemein erwartet worden war. Knapp 30 der 100 Senatoren hatte Präsident Reagan am Vortag noch auf seiner Seite geglaubt, und er hatte den gesamten Tag damit zugebracht, weitere Senatoren von seiner Position zu überzeugen und damit sein Veto gegen den Kongreßbeschluß aufrechtzuerhalten. Beide Kammern des Kongresses hatten in den letzten Wochen mit großen Mehrheiten unterschiedliche Sanktionspakete verabschiedet. Die Geduld der Kongreßabgeordneten war in den letzten Wochen angesichts der weiterhin harten Haltung des Botha–Regimes aufgebraucht, und kaum einer von ihnen war bereit, der südafrikanischen Regierung ein Jahr nach den ersten und rein symbolischen amerikanischen Sanktionen eine weitere Chance zu geben. Zwanzig Jahre nach dem Durchbruch der Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten wurden die Stimmen immer schwächer, die mit Verweis auf die Bedeutung des Verbündeten am Kap der Guten Hoffnung Druck von Südafrikas Regierung fernhalten wollten. Ein deutliches Signal? Genausowenig vermochten mittlerweile noch die Argumente zu überzeugen, die die Schwarzen Südafrikas als die Hauptleidtragenden von Sanktionsbeschlüssen darstellten. Und so war in der mehrstündigen und hitzigen Senatsdebatte viel von politischer Moral die Rede, von demokratischen Prinzipien und der Notwendigkeit, der Welt - und Herrn Botha - ein deutliches Signal zu geben. Doch bei all der sichtlich zur Schau getragenen Genugtuung der Apartheidgegner im Kongreßs und in der seit zwei Jahren aktiven Protestbewegung sind die realen Auswirkungen der wirtschaftlichen Strafmaßnahmen, wie sie nun beschlossen wurden, zu wenig beachtet worden. Zwar werden aus den USA keine Kredite oder Investitionen mehr nach Südafrika fließen, zwar werden die USA keine Textilien, landwirtschaftliche Produkte, Kohle, Eisen, Stahl oder Uran mehr aus Südafrika beziehen, aber dies wird den Apartheidstaat nicht daran hindern, seine Exporte auf dem Umweg über andere afrikanische Staaten auf den Weltmarkt und möglicherweise auch in die USA zu bringen. Auch der von Botha angedrohte Gegenboykott US–amerikanischen Weizens betrifft jährlich lediglich 160.000 Tonnen, das entspricht einem Prozent des Gesamtweizenexports der USA. Keine Aus– und Umwege bleiben allerdings den afrikanischen Frontstaaten, die von den durch Südafrika führenden Transportwegen abhängig sind und denen ein substantieller Teil amerikanischer Hilfslieferungen aller Voraussicht nach verlorengehen wird. Von Bedeutung sind die Sanktionen nach den Worten des Washingtoner Professors Howard Wachtel allenfalls wegen ihres psychologischen Effekts, der sich besonders auf den internationalen Finanzmärkten bemerkbar machen wird. In diesem Bereich seien Kategorien wie Vertrauen und gegenseitige Wahrnehmung von herausragender Bedeutung. Niederlage für Reagan Was bleibt, ist eine außenpolitische Niederlage Präsident Reagans, manch einer meinte heute, die schwerste seiner bisherigen Amtszeit. Zehn Tage vor dem Treffen mit dem sowjetischen Parteichef Gorbatschow in Reikjavik demonstrierten selbst eingefleischte politicos in Washington dennoch Gelassenheit - Südafrika wird im kalten Island kein Thema sein. Stefan Schaaf