Abschieben in den Krieg

■ Nach Beschluß der Innenministerkonferenz können abgelehnte Asylbewerber künftig auch in Krisengebiete abgeschoben werden

Aus Saulgau Dietrich Willier

Das hat Saulgau, die Kleinstadt mitten im oberschwäbischen Barock, noch nicht gesehen. Uniformierte und zivil gekleidete Polizisten mit ausgebeulten Taschen an allen Ecken, Kreuzungen, dunkelblaue Staatskarossen vor dem Gasthof Kleber–Post und am Vormittag sogar eine kleine Demonstration. Für zwei Tage hatten sich die Innenminister der Länder auf Einladung ihres baden–württembergischen Kollegen Dietmar Schlee hier getroffen. Und alle waren sich einig, daß kurzfistig alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden müßten, „Asylmißbrauch“ zu bekämpfen und die Dauer von Asylverfahren zu beschleunigen. Grundsätzlich sollen daher in Zukunft Asylbewerber auch in Krisengebiete abgeschoben werden können. Einem Kriterienkatalog aber wollten dann doch nur die CDU– regierten Länder folgen. Der sieht vor, nur dann von einer Abschiebung in Krisengebiete wie Libanon, Iran oder nach Sri Lanka abzusehen, wenn dem Asylsuchenden dort Gefahren für Leib und Leben drohen, die wesentlich über das Maß hinausgehen, das in dem betreffenden Land „allgemein zu erdulden ist“. Diese Einschränkung gilt nicht für Personen, die in der BRD straffällig geworden sind, oder zwischendurch einmal heimlich in ihr Heimatland gereist sind. Die SPD–regierten Länder wollen im Unterschied dazu eine Überprüfung des Einzelfalls unter humanitären Gesichtspunkten. Die Beurteilung, ob ein Land als Krisengebiet betrachtet werden kann, soll den Lageberichten des Auswärtigen Amtes entnommen werden. Der Kriterienkatalog der CDU sei eine ungerechte Verschärfung. Fortsetzung auf Seite 2 Vor allem für bestimmte ethnologische Gruppen verschärft sich die Situation durch diesen Beschluß. Die SPD–Länder wollen Abschiebungen nur dann vornehmen, wenn entsprechende Personen dort, wohin sie abgeschoben werden, sicher sind. Um eine Einreise mit gefälschten Papieren zu verhindern, sollen entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Als weiteren Tagesordnungspunkt kündigte Innenminister Hillermeier, der Vorsitzende der Gesellschaft, die Abschiebung in die DDR, (seine Kollegen verbesserten ihn...) in Ostblockstaaten an. Hier soll aber mit weiteren Emp fehlungen bis zum nächsten Jahr abgewartet werden. Weitere Diskussionspunkte des Innenministertreffens waren ein „Forschungsauftrag für polizeitypische Einsatzmittel“ und Maßnahmen gegen „gewalttätige Ausschreitungen“. Die CDU– Vertreter wollen Forschungsergebnisse abwarten, die SPDler sind desinteressiert. Um „gewalttätigen Ausschreitungen“ wie in Brokdorf und Wackersdorf, aber auch Anschlägen wie auf den Siemensdirektor Beckurtz künftig „effizienter“ begegnen zu können, wollen die Innenminister den Bericht und die Vorschläge des Arbeitskreises 2 (Landespolizeipräsidenten der Länder unter Federführung des baden–württembergischen Pol.präs. Dr.Stümper) abwarten.