Q U E R S P A L T E Der Strophen dreie braucht das Land

■ Endlich eine Hymne für Baden–Württemberg

Herr, schmeiß Hirn ra, soviel poetischer Kochkäse ist schon lange nicht mehr durch den Äther geflossen. Kaum ist die Diskussion über des hiesigen Kultusministers Verfügung, an den Schulen doch wieder alle drei Strophen des Deutschlandliedes zu bimsen, aus den Schlagzeilen, da setzt der badische Südwestfunk noch eins drauf: die Baden–Württemberg–Hymne. Auch sie hat, wen wunderts, drei Strophen. Und weil die Qualitäten dieses Landes inzwischen eh nur noch von großen und kleinen Bankkaufleuten interpretiert werden, konnte sich Kassierer Josef Weiß aus Lothar Späths Wahlkreis, der Sieger des Liedermacherwettbewerbs, beruhigt auf die Beschreibung der Demarkationslinien des Südweststaats (“Vom Main zum Rhein zum Bodensee“) und ein wenig geographischen Nachhilfeunterricht (“Alb, Schwarzwald und der Odenwald, Franken und Hohenloher Land“) beschränken. 90 Sendeminuten war dem Südwestfunk aus Baden–Baden die Siegerermittlung für solch seicht–patriotischen Schwachsinn wert, 450 Lieder waren eingesandt worden, acht waren in die engere Wahl geraten. Man muß nun wirklich kein Freund schwäbischer Klassiker sein, damit einen bei folgenden holprigen Knittelversen Rostbraten und Spätzle im Halse würgen: „Große Worte sind geschrieben hier, von Uhland, Mörike, Schiller. Geist und Freiheit sind zu finden hier, diese Werte sind für immer“. Selbst die Heimatdichterin Lina Stöhr aus Kaltental hätte wohl gemerkt, daß sich „immer“ da nicht reimt, und es vielleicht durch „Müller“ oder „Killer“ ersetzt. Nun denn, das Werk soll jetzt in baden–württembergischen Schulen und Gesangsvereinen Einkehr halten; „Gemeinsam stolz auf dieses Land, Baden–Württemberg unser Heimatland“. Es gibt der Mann aus Bietigheim (Lothar Späth, Ministerpräsident) dir das Gefühl, du bist daheim. Dietrich Willier