Massiver Schulboykott in Haiti

■ Seit Wochen kommt es im ganzen Land zu regierungsfeindlichen Demonstrationen / Protagonisten sind wieder die Schüler / Oppositionelle Gruppen fordern Rücktritt des Nationalen Regierungsrates

Port–au–Prince (afp) - Mit einen massiven Schulboykott begann am Montag in Haiti das neue Schuljahr. Nur sehr wenige Schüler erschienen in den diskret von Soldaten und Polizisten überwachten Schulen. Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Durch den Boykott will die Bevölkerung nach Ansicht von Beobachtern ihren Widerstand gegen den nationalen Regierungsrat (CNG) zum Ausdruck bringen, nachdem es in der vergangenen Woche im ganzen Land bereits zu regierungsfeindlichen Demonstrationen gekommen war. Die Regierung hatte alles getan, damit der Schulanfang reibungslos vonstatten gehen sollte. Auch die gemäßigten Politiker hatten die El tern aufgefordert, für einen normalen Schulanfang zu sorgen. Erziehungsminister Rony Desroches hatte vor Tagen erklärt, die Schulen würden normal geöffnet und „sehr gut funktionieren“. Der CNG–Vorsitzende General Henri Namphy hatte an die Eltern appelliert, den Unruhestiftern eine Absage zu erteilen. Er hatte erklärt, daß der Haushalt des Erziehungsministeriums für das Schuljahr 1986/87 162 Millionen Gourden (32 Mio. Dollar) betrage gegenüber nur 98 Millionen Gourden im Vorjahr. Außerdem seien die Gehälter der Lehrer erhöht worden. Beobachtern zufolge schickten viele Eltern ihre Kinder auch deshalb nicht in die Schule, weil sie das Schulgeld nicht bezahlen können. Andere Eltern wiederum behielten ihre Kinder zu Hause, weil sie Zwischenfälle befürchteten, wie auch eine Reihe von Geschäftsinhabern, die ihre Läden am Montag geschlossen hielten. Die Vereinigte Partei der Kommunisten Haitis (PUCH) hat die Bildung eines „Komitees des Öffentlichen Heils“, bestehend aus Vertretern der neun Departements des Landes, vorgeschlagen, das den Nationalen Regierungsrat (CNG) ablösen soll. PUCH–Generalsekretär Theodore erklärte, das Land befinde sich in einer „Staats– und Führungskrise“. Zahlreiche politische Gruppierungen hatten in den letzten Wochen den Rücktritt des von General Namphy geleiteten CNG gefordert.