Von der ASH zur Neuen Heimat

■ Der Düsseldorfer Infodienst Kapitalmarkt intern hält nichts von Schiessers Seriosität / Hinter dem Neue Heimat–Käufer stehe eine Clique „dubioser Abschreibungs–Initiatoren“ und hoffe aufs große Geschäft

Aus Berlin Martin Kempe

Als Horst Schiesser vor rund drei Wochen vom unbekannten mittelständischen Brotfabrikanten zum prominentesten Unternehmer der Republik wurde, trauten die Aktivisten der Arbeiterselbsthilfe (ASH) in Oberursel bei Frankfurt ihren Augen nicht. Denn niemand anders als der NH–Aufkäufer Horst Schiesser in seiner Eigenschaft als Besitzer der Brotfabrik Geschi hat dem renommierten Selbsthilfeprojekt vor den Toren Frankfurts das Gelände um die „Krebsmühle“ verkauft - zu Bedingungen, unter denen das Projekt noch jahrelang stöhnte. Geschäftstüchtigkeit wird man Herrn Schiesser nun wahrlich nicht absprechen können. Diese Einschätzung bestätigt sich, jemehr über Geschäftspraktiken und -freunde des Mannes bekannt wird, der nach Einschätzung von Dr. W. Strobel von der Uni Hamburg (Handelsblatt 3./4.10.) „auf einen Schlag ein steinreicher Mann“ wäre, geht sein Coup mit der Neuen Heimat auf. Einen „dubiosen Anlage–Initiator“ sieht der in Düsseldorf erscheinende Informationsdienst Kapitalmarkt intern in Schiesser. Er sei als „skrupelarmer Geldeinsammler und Partner dubioser Abschreibungs–Initiatoren einzuschätzen“. Außer Brotfabriken, einer Einzelhandelskette für Autozubehör, einem „Türkischen Basar“ in Berlin–Schöneberg gehört auch die Konzepta–Unternehmensgruppe zum Schiesser–Imperium. Diese habe über die Atelier Berlin GmbH Videokassetten– Verleihautomaten seit 1984 zum „Festpreis“ von je 31.800 DM plaziert und den Anlegern „weitgehend steuerfreie“ Mieteinnahmen von 24 Prozent im Jahr und nach vier Jahren einen „völlig steuerfreien“ Wiederverkaufserlös von rund 52 Prozent versprochen. Nur habe man gegenüber den Zeichnern, die angeblich schon 130 solcher Automaten von Schiesser erworben und damit mehr als 4 Millionen DM in seine Tasche geschaufelt hatten, verschwiegen, daß die Aufstellung von Videokassetten–Automaten ab Mai letzten Jahres durch ein Jugendschutzgesetz untersagt worden ist. „Der Verdacht der unlauteren, womöglich strafbaren Werbung liegt in diesem Zusammenhang natürlich nahe“, heißt es bei Kapitalmarkt intern. Eine der Hauptfiguren der Konzepta–Gruppe ist der Gesellschafter Heinrich Buschmann, ein langjähriger SPD–Funktionär in der Arbeitsgemeinschaft für Selbständige, bis vor wenigen Tagen im Vorstand der Berliner Arbeiterwohlfahrt und Besitzer der Ing. Buschmann Verwaltungsgesellschaft mbH & Co KG, die wiederum mit der Konzepta zusammen allerlei Projekte im Wohlfahrtsbereich betreut und baut. Die Freundin Buschmanns, Christiane Lorenz–Wurche, ist wiederum Tochter des früheren SPD– Stadtrats und Bundestagsabgeordneten Gottfried Wurche, den Schiesser jetzt als Generalbevollmächtigten eingesetzt hat. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß an dem NH–Deal nicht nur Schiesser, sondern eine ganze Clique um ihn herum das Geschäft ihres Lebens zu machen gedenkt.