I N T E R V I E W „Ich glaube schon, daß wir mehr zu sagen haben.“

■ Christoph Bähr, wissenschaftlicher Mitarbeiter der philosophischen Fakultät Trier, ist Bundesvorsitzender der Jungen Union

taz:“Ein Antrag zu Chile und ein Antrag zur Gentechnologie der Jungen Union auf dem CDU–Parteitag. Hat die JU die brisanten Themen ausgeklammert oder hat sie einfach nicht mehr zu sagen?“ Christoph Böhr: „Ich glaube schon, daß wir mehr zu sagen haben. Nach vielen Diskussionen hat dieser Parteitag bereits im Vorfeld dem Grundanliegen der JU eigentlich Rechnung getragen, nämlich diesen Bundestagswahlkampf nicht mit einer rein ökonomischen Bilanz zu eröffnen. Für die JU war noch viel wichtiger, diesen Bundestagswahlkampf mit einer Zukunftsperspektive bei den ethischen Fragen zu gestalten. Es war ja ganz offentsichtlich, daß sich die Partei, die CDU, nach den Diskussionen über Tschernobyl und die Folgen, über Energiepolitik und die Kernenergie im Besonderen, endlich diesen ethischen Fragen stellt. Das Zukunftsmanifest greift ja eine Menge Fragen auf. Von daher ist der Parteitag auch ein Stück Erfolg der Jungen Union. Das sah anfangs nicht so aus.“ „Tatsache ist doch, daß einige Themen ausgespart blieben und es den Anschein hat, daß innerparteiliche Ruhe nun die erste Wahlkampfpflicht ist.“ „Auf jedem Parteitag bleiben Themen ausgespart. Ich glaube aber, daß von diesem Parteitag ein Grundtenor ausgeht, den es für die CDU bisher nicht gab. Es ist ein Unterschied, ob ich nach Tschernobyl sage, wir halten an der Kernergie fest, komme was da wolle, oder ob ich jetzt die Position beziehe, die Kernenergie ist eine Übergangstechnologie. Mit diesem Hintergrund den Ausstieg zu nennen, finde ich richtig.“ „Wer streitet denn überhaupt noch in der CDU, wenn es nicht einmal mehr die JU tun will?“ „Es ist sicher richtig, daß häufig Anlaß zum Streit besteht. Nur erinnere ich noch einmal daran, daß nach Tschernobyl ein Streit ausgebrochen ist oder auch daß die Thematik des § 218 in der Union sehr umstritten ist und Gegenstand des nächsten Parteitages sein wird.“ „Trotz Tschernobyl ist die CDU doch die Atompartei geblieben. Der saarländische JU–Vorsitzende hat ja auch in diese Richtung gewarnt“. „Die CDU war nie Atompartei und ist es auch nicht geblieben. Wir haben 1982 eine Situation im Haushalt vorgefunden, wonach nicht eine einzige müde Mark zur Erforschung alternativer Energien bereitstand. Wir haben das geändert. Daraus folgern zwei Dinge. Einmal, daß wir die Mittel für Energiesparmaßnahmen und zur Erforschung alternativer Energiequellen weiter wesentlich erhöhen als in den letzten Jahren. Wir müssen uns zweitens jedoch auch darauf besinnen, daß sich die Forschung längst nicht so stark bespielsweise mit der Erforschung der Solartechnik beschäftigt, wie man sich das wünscht. So können rund ein Drittel des bereitgestellten Etats deshalb nicht abberufen werden. Wir können deshalb eben nur sagen, wir bemühen uns darum, uns von der Kernenergie unabhängig zu machen. Wir können aber nicht den Zeitraum nennen. „Soll man die AKWs nun abschalten?“ Wir können sie im Moment nicht abschalten. Deshalb soll man das jetzt auch nicht tun. Wir müssen eben darauf achten, daß der Sicherheitsstandard von Jahr zu Jahr jeweils aktualisiert wird, und wir müssen sehen, daß wir zurückschalten, sowie wir Alternativen zur Verfügung haben. „Nach dem Energiebericht der Bundesregierung sollen sogar neue AKWs ans Netz gehen.“ „Ich halte das für richtig, diese Möglichkeit zu sehen. Denn wenn der Energiebedarf steigt, muß man dies einkalkulieren. Ich hoffe aber nicht, daß es soweit kommt. Nur das ist eine Hoffnung.“ „Faßt man die Straußschen Passagen zu Südafrika zusammen, ist bis auf ein Viertel dort alles in bester Ordnung. Wie siehst du das?“ „Diese Auffassung ist völlig falsch. Ich sehe sehrwohl Anstrengungen, die Apartheid zu reduzieren. Aber mit der politischen Partizipation ist das Problem der Apartheid nicht gelöst. Um das Problem der Apartheid zu lösen, müssen wir in einem ungeahnten Ausmaß soziale Hilfen für die innergesellschaftliche Evolution zur Verfügung stellen. Ich plädiere sehr dafür, das Problem Südafrika bei uns so zu diskutieren, was das für uns an konkreter Hilfestellung heißt.“ „Sanktionen?“ „Sanktionen in dem Bereich, wo wir wirklich Regierung treffen, z. B. im gesamten Bereich der Hochtechnologie und im Goldgeschäft.“ Mit Christoph Böhr sprach auf dem CDU–Bundesparteitag Felix Kurz