Aussperrung

■ Zum Redeverbot für Willi Hoss auf dem IG Metall–Gewerkschaftstag

Ist es nur persönlicher Brass der IG Metall–Vorständler gegen einen, der jahrelang erfolgreich Betriebsratspolitik außerhalb der Gewerkschaften gemacht hat, oder verbirgt sich dahinter eine politische Strategie? Es spricht einiges dafür, daß der Maulkorb, den die IG Metall dem Fraktionssprecher der Grünen, Willi Hoss, für den Gewerkschaftstag verpaßt hat, eine Mischung aus beidem darstellt. Einerseits weiß die Gewerkschaftsführung sehr wohl, daß sie solch anmaßendes Verhalten, nämlich selbst festlegen zu wollen, wer als grüner Parteivertreter bei ihnen und mit ihnen sprechen darf, nicht mehr lange durchhalten kann, andererseits zeigt diese Methode durchaus Wirkung. So grenzt es schon an Anbiederei, wie schweigsam die Grünen den Skandal um den Verkauf der Neuen Heimat begleitet haben. Und es verwundert dabei nicht, daß Hoss einer der wenigen war, der den Rücktritt derjenigen Gewerkschaftsführer forderte, die im Aufsichtsrat der Neuen Heimat versagt hatten. Große Teile der Fraktion wollten ihm da nicht folgen. Sie wollen endlich mit dem DGB und seiner Führung ins Gespräch kommen. Die IG Metall setzt deshalb schon an der richtigen Stelle bei den Grünen an mit ihrer Entscheidung, Hoss nicht reden zu lassen. Die Grünen müssen sich jetzt entscheiden, ob sie sich mit einem Platz am Katzentisch der Gewerkschaftsführung begnügen oder ihre berechtigte Kritik am Gewerkschaftsapparat vertreten; ob sie jetzt einen der IG Metall genehmen Redner entsenden oder lieber doch auf das Grußwort verzichten. Bezeichnenderweise wird die politische Aussperrung, die sich die Gewerkschaften gegenüber bestimmten Grünen Funktionsträgern und Politikern erlauben, noch nicht einmal von der DDR übertroffen. Max Thomas Mehr