Generalstreik in Argentinien

■ Gegen die Austeritätspolitik der Regierung Alfonsin / Ausstand nur mäßig befolgt / CGT kritisiert Selbstzensur der TV–Anstalten

Aus Buenos Aires Dirk Bruns

Mit Sprechchören, Gesängen, Pauken, Bongos, Kochtöpfen, Rasseln, Pfeifen und Lärminstrumenten aller Art drückten am Donnerstag nachmittag 100.000 Arbeiter in der Innenstadt von Buenos Aires während eines zwölfstündigen Generalstreiks ihren unüberhörbaren Protest gegen die Politik der Regierung aus, die „soziale Ungerechtigkeit und Abhängigkeit vom IWF“ mit sich bringe. Die Aktionen waren der Auftakt eines Kampfplans der Gewerkschaft, der in den nächsten drei Wochen mit Streiks und Kundgebungen in Mendoza, Tucuman, Rosario und Cordoba fortgesetzt wird. Auf zigtausend Plakaten und auf einer Abschlußkundgebung forderten die CGT und ihr Generalsekretär Saul Ubaldini „ausreichende Löhne, geregelte Arbeitsverträge, Arbeit für alle und gerechte Renten“. Die Wirtschaftspolitik der Regierung trage - so Ubaldini - die Handschrift des Internationalen Währungsfonds. „Um die Auslandsschulden zu bezahlen, werden die Renten und Löhne niedrig gehalten... unter dem Vorwand der Inflationsbekämpfung friert die Regierung Alfonsin die Löhne ein und damit das Elend der Massen und trotzdem steigen die Preise immer weiter.“ Die Ökonomen der Gewerkschaft gehen von einem Reallohnverlust von 28–30 Juni 1985 aus. Von der Arbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung seien „mindestens 2,2 Millionen Menschen“ betroffen (von 30 Millionen Einwohnern). Der Warenkorb einer Familie koste mindestens 500 Australes (ca. 1.000 DM) während der Mindestlohn bei 120 Australes läge und die Mindestrente bei 100. Scharfe Kritik übt die CGT an der „Selbstzensur des Fernsehens“, das nur der Regierung Platz einräume, um ihre Position zur Wirtschaftspolitik darzustellen. Der als siebter Generalstreik seit Wiedereinführung der Demokratie angekündigte Arbeitskampf war trotzdem nur ein Teilerfolg. Der öffentliche Nahverkehr war kaum betroffen und auch nahezu alle Geschäfte hatten geöffnet. Trotz der Unzufriedenheit mit der ökonomischen Situation sind die Argentinier streikmüde geworden.