Mastbesetzer von oben besprüht

■ Hubschrauberbesatzung in Cattenom trug Gasmasken / Unbekannter Zusatz im Wasser / Parallele Aktionen auf dem Werksgelände / Nach freiem Abzug der Besetzer Filmmaterial beschlagnahmt

Aus Cattenom Viola Falkenberg

Zehn Stunden lang war am Freitag ein Kühlturm in Cattenom besetzt. Die gewaltfreien Aktionsgruppen Robin Wood und Robin des Bois unterstützen damit die internationale Aktionsgemeinschaft gegen Cattenom, die parallel zu den Besetzungen vor der Nuklearzentrale demonstrierte. Die neun Besetzer auf dem Kühlturm brachen ihre Aktion am Freitagabend vorzeitig ab. Die Polizei war auf die Forderungen nach freiem Abzug aller Demonstranten eingegangen. Sie hatte zuvor damit gedroht, daß eine aus Paris angeforderte Spezialeinheit zur Terroristenbekämpfung (ähnlich der deutschen GSG 9) den Turm stürmen soll, falls die Besetzer oben blieben. Von Journalisten und Besetzern wurden Filme beschlagnahmt, deren Rückgabe die Polizei ihnen zugesichert hat. Fünf Deutsche, drei Franzosen und ein Engländer waren am Freitag um 10.30 Uhr über den Zaun des Kraftwerksgeländes gestiegen und unbehelligt auf den 165 Meter hohen Trum gestiegen. Es dauerte zwei Stunden, bis die Demonstranten dort mit ihren Transparenten „Strom ja - so nicht“ und „Robin Wood“ entdeckt wurden. Denn bis dahin hatte dichter Nebel verhindert, daß sie vom Boden aus zu sehen waren. Am Nachmittag wurde die neun Männer von einem Hubschrauber aus nächster Nähe mit unbekannten Chemikalien traktiert. Ein Kühlturmbesteiger erklärte, daß die Hubschrauberbesatzung Gasmasken trug und die versprühten Flüssigkeiten nach Kerosin bzw. Mottenpulver rochen. Als „Ablenkungsaktion“ entpuppte sich der Besuch einer „Hamburger Arbeitsloseninitiative“, die zu einer offiziellen Besichtigung auf das Kraftwerksgelände gekommen war. Die Gruppe, angemeldet von einem „Robert Wald“, bestieg zwei weitere Kühltürme und befestigte Transparente. Nach einer Stunde kletterten die Besetzer herunter und wurden vorübergehend festgenommen. Demonstranten, die vor dem Haupttor des Werksgeländes Transparente aufgehängt hatten, wurden den ganzen Tag lang festgehalten. Während für die Demonstranten die Besetzung keine rechtlichen Folgen haben wird, dürfte es auf politischer Ebene Nachwirkungen geben, denn die Sicherheitsmaßnahmen rund ums AKW wurden erstaunlich leicht überwunden. Außerdem war es für die „Arbeitsloseninitiativen“ ein Kinderspiel, den Bürgermeister in Cattenom und die deutsche Betreibergesellschaft Preußenelektra zu übertölpeln und als Besuchergruppe getarnt die „Ablenkungsaktion“ zu inszenieren. Sogar das Ziel ihrer Aktion war in der Projektbeschreibung deutlich nachzulesen: Die Besucher wollten sich mit dem Kraftwerk „aktiv auseinandersetzen“ und die „vor Ort gewonnenen Erkenntnisse direkt umsetzen“.