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Beatriz Brinkmann wurde gefoltert

■ Der SPD–Bundestagsabgeordnete Freimut Duve besuchte die deutsch–chilenische Lehrerin, die seit bald einem Monat im Süden Chiles inhaftiert ist, im Knast / Fünf Tage lang pausenlosen Verhören ausgesetzt / 24 chilenische Häftlinge berichten über Folter

Berlin (taz) - Die am 19. September in der südchilenischen Stadt Valdivia verhaftete Lehrerin Beatriz Brinkmann ist vom Geheimdienst CNI fünf Tage lang gefoltert worden. In einem Gespräch unter vier Augen erzählte die Deutsch–Chilenin, die 1971 bis 1985 in Marburg arbeitete, dem SPD–Bundestagsabgeordneten Freimut Duve, daß sie geschlagen und Elektroschocks ausgesetzt worden sei. Duve, der sich im Rahmen einer Delegation der Sozialistischen Internationale in Chile aufhielt, konnte Beatriz Brinkmann im städtischen Gefängnis von Valdivia eine Stunde lang besuchen. Fünf Tage lang sei sie - wie auch die übrigen elf mit ihr verhafteten Personen - mit verbundenen Augen pausenlos verhört worden, berichtete Brinkmann dem SPD–Abgeordneten. Die Unterschrift unter das Vernehmungsprotokoll, das man ihr weder vorgelegt noch vorgelesen habe, sei erzwungen worden. Ihre bisherige Zurückhaltung in der Schilderung der Mißhandlungen begründete die Lehrerin damit, daß die Geheimdienstagenten ihr weitere Folterungen angedroht hätten für den Fall, daß sie darüber spreche. Im Anschluß an das fünftägige Verhör durch den Geheimdienst sei sie sieben Tage lang in Einzelhaft gehalten worden, ohne jemanden sprechen zu dürfen. Erst danach habe man sie ins städtische Gefängnis von Valdivia überführt, wo sie nun korrekt behandelt werde. Die Anstrengungen der Anwälte der Vicaria, einer Hilfsorganisation der katholischen Kirche, - so geht aus der Presseerklärung Duves hervor - bemühen sich jetzt, gegen Kaution die Freilassung von Beatriz Brinkmann und den übrigen elf Angeklagten zu erreichen. Dies sei formalrechtlich allerdings erst nach Ende der „Ermittlungen“ möglich. Diesbezügliche Entscheidungen würden sehr willkürlich gefällt.Duve ist nach Gesprächen mit Beatriz Brinkmann, ihren Eltern und ihren Anwälten überzeugt, daß gegen die Ortsgruppe der Kommunistischen Partei von Valdivia, der anzugehören den Verhafteten vorgeworfen wird, ein Schauprozeß bereitet werden soll. Dies sei offenbar die Form des „Dialogs“, heißt es in der Presseerklärung des SPD–Abgeordneten, den die Regierung mit der politischen Linken führe, die mehr und mehr aus dem politischen Leben ausgeschaltet werden solle. thos Schwere Folterungen Santiago (afp) - 24 chilenische Häftlinge, die vor zwei Monaten nach umfangreichen Waffenfunden im Norden Chiles verhaftet worden waren, sind eigenen Angaben zufolge gefoltert worden. Angehörige und Anwälte der Betreffenden erklärten am Dienstag im Sitz des chilenischen Menschenrechtsausschusses, die Häftlinge seien an verschiedenen Körperteilen Elektrofoltern unterzogen, verprügelt, unter Drogen gesetzt und „anderen ausgeklügelteren Quälereien“ unterzogen worden. Im August waren den chilenischen Behörden zufolge aus kubanischen Schiffen über 60 Tonnen Waffen und Sprengstoff entladen worden, die für die linke Untergrundgruppe „Patriotische Front Manuel Rodriguez“ (FPMR) bestimmt gewesen seien. Die Organisation hatte dies bestritten, sich jedoch zu dem gescheiterten Anschlag auf Staatspräsident General Augusto Pinochet am 7. September bekannt. Ein Militärstaatsanwalt hatte im Rahmen der Ermittlungen über diesen Fall am Montag Haftbefehle gegen 100 weitere Personen ausgestellt. Die 24 Häftlinge erklärten in einem Kommunique, die Regierung habe sich die Waffenaffäre für eine „gigantische und gut durchdachte Propagandakampagne“ zur Spaltung der Opposition zunutze gemacht. „Das einzige, was wir gestehen, ist, daß wir intensiv auf Formen der Organisation und Vorbereitung hinarbeiteten, deren zentrales Ziel der Sturz der Diktatur ist.“

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