Tod der Versöhnung

■ Zum PLO–Attentat in Jerusalem

Jerusalem, geographisches, politisches und religiöses Zentrum des Nahostkonflikts, ist seit gestern auch wieder Zentrum der Gewalt. Der von der PLO verantwortete Anschlag auf eine Gruppe israelischer Militärs beendet einen trügerischen Frieden für die jüdischen Einwohner der Stadt. Die „heroische Aktion“ (so die PLO), das „schreckliche Unheil“ (Jerusalems Bürgermeister Kollek) wird Folgen weit über Jerusalem hinaus haben. Für die PLO Yassir Arafats bedeutet der Anschlag den endgültigen Abschied von einer moderateren Position in Zusammenarbeit mit Jordanien und unter Einschluß einer vagen Möglichkeit, mit Israel direkt zu verhandeln - was die Israelis freilich immer kategorisch abgelehnt haben. Das Attentat zielt auf eine Stärkung der „El Fatah“ innerhalb des zersplitterten palästinensischen Widerstands - und damit eine Stärkung der PLO insgesamt. Aber isolierter als derzeit kann die Vertretung der Palästinenser bei den Herren der Welt nicht mehr sein. Die sinn– wie hilflose „militärische Option“ gegen Israel muß da zwangsläufig an Gewicht gewinnen. In Israel kann das Attentat nur die Rechte und damit den inthronisierten neuen Premierminister Shamir stärken. Seine im Vergleich zum bisherigen Premier Peres noch kompromißlosere Position zum Palästinenserkonflikt gewinnt angesichts des Anschlags für die Israelis an Logik. Die Handgranaten, die nahe der Klagemauer und und nur wenige Tage nach dem jüdischen Versöhnungsfest Yom Kippur explodierten, treffen die Israelis mehr, als es irgendeine Bombe an irgendeinem anderen Ort tun kann. Das Entsetzen israelischer Politiker ist ehrlich. Daß für Jerusalem und den Nahen Osten damit ein Frieden in noch weitere Ferne rückt, liegt in der Logik des Attentats wie der kommenden israelischen Reaktionen. Eine Versöhnung nach diesem Versöhnungsfest ist weiter entfernt denn je. Klaus Hillenbrand