Guerilla–Großoffensive in Mosambik

■ Nach wiederholten Drohungen lanciert Südafrika Guerilla–Offensive im Norden Mosambiks / Linke Regierung soll gestürzt werden / Propagandakampagne trägt zur Destabilisierung bei / Die sozialistische Politik der Frelimo–Regierung wenig erfolgreich

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - Mit einer beispiellosen Propagandakampagne versucht die südafrikanische Regierung seit Tagen, die Regierung in Mosambik herauszufordern und die Weltöffentlichkeit vom bevorstehenden Ende des linken mosambikanischen Systems zu überzeugen. Wiederholt hat General Magnus Malan, Pretorias Verteidigungsminister, davon gesprochen, daß „Mosambik am Rande des Zusammenbruchs schwebt“, und vor südafrikanischen Vergeltungsangriffen gewarnt, wenn es ANC–Guerillas weiterhin erlaubt würde, aus Mosambik Anschläge auf Südafrika auszuüben. Es wird befürchtet, daß die Desinformationskampagne die Öffentlichkeit auf einen südafrikanischen Eingriff in Mosambik vorbereiten soll. Allerdings bestätigte die Regierung in Maputo, daß die von Südafrika unterstützten MNR–Rebellen in der letzten Woche im Norden des Landes an der Grenze zu Malawi und Sambia fünf Städte überrannt haben. Dort begann Anfang letzter Woche eine Großoffensive, nachdem die rechte Regierung des nördlichen Nachbarstaats Malawi, die enge Verbindungen mit Pretoria unterhält, Tausende von bewaffneten MNR– Truppen „des Landes verwies“. Präsident Kenneth Kaunda von Sambia beschuldigte Malawi, eine von Südafrika unterstützte Invasion gestartet zu haben. Interessanterweise begann diese Offensive zur gleichen Zeit wie der südafrikanische Vertragsverlängerungsstopp für mosambikanische Wanderarbeiter, und nur wenige Tage nachdem der US–Kongreß Sanktionen gegen Pretoria verhängt hatte. Die Propagandakampagne zieht sich durch fast alle südafrikanischen Medien. Inzwischen erscheinen im Staatsfernsehen neben Regierungsvertretern verschiedene „Experten“, deren Tenor immer der gleiche ist: Eine Lösung der Situation in Mosambik ist nur möglich, wenn es zu einer Regierung der nationalen Einheit kommen würde, in der die rechten MNR–Rebellen mit der linken Frelimo–Regierung zusammenarbeiten. Implizit bildet Samora Machel selbst dabei eines der wichtigsten Hindernisse. Seine Entfernung wäre offensichtlich der erste wünschenswerte Schritt. Berichte aus Maputo wider sprechen den südafrikanischen Meldungen. Von einer Spaltung in der Frelimo–Führung ist keine Rede. Dennoch bestreitet Frelimo nicht, daß die Situation in Mosambik ernst ist. So sollen angeblich britische Militärberater eine Elitetruppe von 600 mosambikanischen Rgierungssoldaten ausbilden und mit den modernsten britischen Gewehren ausrüsten, um im Norden des Landes wichtige Einrichtungen zu schützen. Auch mit Simbabwe wird über weitere militärische Unterstützung verhandelt. Robert Mugabe hat schon jetzt etwa 10.000 Soldaten entlang des sogenannten Beira–Korridors stationiert, um diese wichtige Straßen–, Bahn– und Pipelineverbindung zwischen Simbabwe und der Hafenstadt Beira zu schützen. Guerillaoffensive Die jüngsten Erfolge der MNR– Rebellen sind zwar bemerkenswert. Doch in einem Guerillakrieg hat die Besetzung von kleineren Provinzstädten keine besondere Bedeutung. Dennoch ist die MNR nicht zu unterschätzen. So haben Sabotageangriffe auf wirtschaftliche Ziele das Land weitgehend lahmgelegt. Die MNR wurde nach Mosambiks Unabhängigkeit 1975 vom Geheimdienst des weißen Regimes in Rhodesien gegründet und kontrolliert. Damals bestand die MNR hauptsächlich aus weißen portugiesischen Politikern und Geschäftsleuten, die Mosambik verlassen hatten, ehemalige Mitglieder der portugiesischen Kolonialarmee und abtrünnige Mitglieder der 1962 aus verschiedenen Gruppen gegründeten Befreiungsorgansation Frelimo und deren Guerillaarmee FPLM. Auch der berüchtigte Geheimdienst der portugiesischen Diktatur, PIDE, hatte seine Finger im Spiel. Nach Simbabwes Unabhängigkeit 1980 wurde die MNR von den weißen Rhodesiern an den südafrikanischen militärischen Nachrichtendienst übergeben, und es wurden Lager im Transvaal für die MNR eingerichtet. Unter südafrikanischer Kontrolle wurde der politische Arm der MNR, und damit deren Vertretung im Lissabon, ausgebaut. Damals kam es zu den ersten schweren Angriffen im Grenzgebiet mit Malawi und Sambia. Die MNR hat nach Angaben von Janes Defence Weekly fast 2.000 Kämpfer in regulären Battalionsgruppen organisiert und weitere Guerillas in kleineren Gruppen. Doch Ausbildung und Ausrüstung der Truppe läßt offensichtlich viel zu wünschen übrig. Der MNR–Behauptung, daß sie die Unterstützung der Bevölkerung genießt, ist darüber hinaus wenig Glauben zu schenken. Schon seit fast zwei Jahren fliehen Tausende von Mosambikanern trotz elektrifizierter Grenzzäune und gefährlicher wilder Tiere über die Grenze nach Südafrika. Sie berichten mit auffallender Übereinstimmung über die grausamen Übergriffe der MNR–Guerillas. Andererseits ist auch die Frelimo in ihrer sozialistischen Politik, die unter anderem zur Abschaffung traditioneller Stammesstrukturen führen sollte, alles andere als erfolgreich gewesen. Tatsächlich ist die Wirtschaft ruiniert. Zusammen mit der seit Jahren anhaltenden Dürre im Lande hat das dazu geführt, daß die Mehrheit der mosambikanischen Bevölkerung dem Hungertod nahe ist.