K O M M E N T A R Entlastungsmanöver

■ Berliner Senat plant Kontrollgremium für Verfassungsschutz

Ein medialer Hase–und–Igel–Wettlauf brachte es an den Tag. Kurz nachdem die Berliner SPD am Samstag öffentlich ihre Forderung nach besserer parlamentarischer Kontrolle des Verfassungsschutzes erhoben hatte, ließ die Innenbehörde die Katze aus dem Sack, getreu dem Motto: „Ick bend all schon doa“. Der Senat, so ließ der Pressesprecher der Innenverwaltung aus dem Stand verlauten, plane eine Kontrollkommission, in der über die Arbeit des Verfassungsschutzes „Klartext geredet“ werde. Die Ankündigung klingt vielversprechend, die Art der eiligen Verlautbarung allerdings wenig überzeugend. Da ist bis auf den Verfassungsschutz selber wohl niemand, der nicht will, daß endlich Klartext über dessen Arbeit im nebulösen rechtsfreien Westberliner Raum geredet wird. Da ist auch niemand, der nicht endlich die legislativen Kontrollmechanismen für Westberlin will, die der Stadt aufgrund ihres Status bisher vorenthalten wurden, die Berlin mit den anderen Bundesländern gleichstellen würden. Abgesehen davon, daß die Alliierten für die „innere und äußere Sicherheit“ der Halbstadt verantwortlich sind - und dazu gehört auch die Kontrolle der sich hier tummelnden westlichen Geheimdienste -, bleiben noch andere Hinkefüße. Bisher hat Innensenator Kewenig das Wohl und Wehe des Landes heraufbeschworen, um sein Schweigen zu begründen, mit dem er offenkundig zum Teil kriminelle Verstrickungen des Westberliner Verfassungsschutzes in den (Feme–) Mordfall Schmücker zu decken versuchte. Das hat in der Stadt einen beträchtlichen Wirbel ausgelöst und Kewenigs Ruf als renommierten Staatsrechtler so ramponiert, daß er sich zu diesem Vorstoß veranlaßt sah. Anders ist der mit aller Kraft über der Affäre gehaltene Deckel auch nicht mehr zu halten. Doch wieviel schlechtes Gewissen, das die Öffentlichkeit scheut, schwingt da mit, wenn im gleichen Atemzug die Ausgrenzung der Alternativen Liste von der Kontrolle verkündet wird? Abgesehen von möglichen rechtlichen Problemen bestärkt das den Verdacht, daß diesmal unter dem Etikett eines neuen Kontrollgremiums weiterhin Geheimpolitik betrieben werden soll, daß lediglich die SPD von dem neuen verfassungspolitischen Konsens profitieren darf. Der Innensenator vergißt dabei, daß es vor nicht allzu langer Zeit der auch anderweitig umstrittene CDU–Fraktionsvorsitzende Buwitt war, der mit internen VS–Vermerken Politik machen wollte, während die AL sich bisher in diesen Fragen weitgehend staatstragender Absichten befleißigte. Benedict Maria Mülder