Paket oder Menu?

■ Abrüstungs–Verwirrspiel zwischen UdSSR und USA geht weiter / USA wollen Abrüstungspaket aufschnüren, Sowjets bestehen auf das gesamte Menu

Von Klaus Hillenbrand

Berlin (taz) - Der propagandistische Schlagabtausch zwischen den USA und der Sowjetunion ist am Sonntag durch die Ausweisung von fünf US–amerikanischen Diplomaten aus der UdSSR verschärft worden. Den vier Botschaftsangehörigen aus Moskau und einem Mitarbeiter des US– Konsulats in Leningrad werden „mit ihrem Status nicht vereinbare Aktivitäten“ vorgeworfen. Offensichtlich steht der Rausschmiß im Zusammenhang mit der Ausweisung von 25 sowjetischen UNO–Mitarbeitern aus den USA. Ob die Affaire der hektischen (Ab–) Rüstungsdiplomatie zwischen den Supermächten Abbruch tun wird, steht dahin. Immer noch jagen sich die widersprüchlichen Stellungnahmen von US– und UdSSR–Vertretern. Während TASS Separatverhandlungen über Mittelstreckenraketen, strategische Waffen oder Weltraumrüstung ausschloß, meinte der stellvertretende US–Verteidigungsminister, Richard Perle, möglicherweise könne man sich im kommenden Jahr über einen Abzug sämtlicher Mittelstreckenraketen aus Europa einigen. Die New York Times berichtete, Moskauer Diplomaten hätten gegenüber der US–Regierung durchblicken lassen, sie seien mit SDI–Forschungsarbeiten auch außerhalb von Laboratorien einverstanden. Der Direktor des sowjetischen Instituts für die USA und Kanada, Arbatow, erklärte dagegen, die Abrüstungsvorschläge der UdSSR seien ein „Paket“ und kein „Menu“, aus dem die USA nach Belieben auswählen könnten. Daß Kanzler Kohl bei seinem heute beginnenden USA–Besuch für mehr Klarheit sorgen wird, ist kaum zu erwarten: „Ob das Paket aufgeschnürt wird oder nicht, vermag ich heute nicht zu beurteilen.“ Tagesthema Seite 3