„Berlin ist zum Beutestück geworden“

■ Erregte Diskussion im Berliner Abgeordnetenhaus um Korruptionsfall Buwitt / Ein roter Besen von der AL für den Regierenden erreichte nicht sein Ziel / CDU verspricht, die schwarzen Schafe in den Griff zu bekommen

Von Benedict M. Mülder

Berlin (taz) - Keine Sitzung des Berliner Parlaments ohne eine große Korruptionsdebatte. Die defekte Heizung des CDU–Fraktionsvorsitzenden Buwitt, bis heute unbezahlt und bereits Objekt einstweiliger Verfügungsverfah ren, bot diesmal den Anlaß. Bis auf die FDP hatten die anderen drei Fraktionen das Thema zum Tagesordnungspunkt erhoben. Vor überfüllten Zuschauerbänken wurde der Fall verhandelt. Buwitt selbst hatte am Dienstag seinen Abtritt verhindern können, die CDU–Fraktion vollbrachte das Kunststück, ihm zugleich ihr Vertrauen, aber auch ihre Mißbilligung auszusprechen. Nun soll ein Ehrenrat am Montag darüber entscheiden, ob er weiterhin in Amt und Würden bleiben darf. Während der Regierende Bürgermeister sich angestrengt mühte, wegzuhören, fragte der Oppositionschef von der SPD, Walter Momper: „Mit welchen Folgen hat Ihnen Ihr Generalsekretär Landowsky gedroht?“ „Berlin ist zum Beutestück einer kleinen ehrgeizigen Gruppe geworden“, führte er weiter aus. „Die Bürger spüren, daß die Stadt seit einem Jahr nicht mehr regiert wird.“ Damit das anders wird, brachte die Alternative Liste einen roten Besen mit ins hohe Haus, doch bevor der Regierende ihn überreicht bekam, hatten ihn Saaldiener bereits wieder in die Lobby nach draußen befördert. Die Parlamentspräsidentin: „Wir wollen das ganze nicht als Theaterstück aufführen.“ Die CDU versprach in der Debatte, daß sie die schwarzen Schafe in der Partei schon allein in den Griff bekäme und verwies gemeinsam mit der FDP genüßlich darauf, daß ja schließlich auch SPD–Politiker mit von der Partie seien. Anfangs sichtlich nervös, zeigte sich Diepgen in dieser immer wieder von großer Aufregung, Unruhe und Lärm unterbrochenen Debatte ganz wie ein Staatsmann nach Berliner Maß, einem Maß, das den Skandal, so die SPD, zum Dauerzustand erhoben habe. Er beschwor die Bereitschaft zur Differenzierung, zum Verzicht auf Vorverurteilung, aber auch auf Beschönigungen. „Ich will nicht, daß es nur Sieger und Besiegte gibt“, forderte er. Wenn es sein müsse, werde er schon sagen „weg mit dieser Person“. Noch ist nicht ausgemacht, ob Diepgen wirklich die Kraft dazu hat. Parteikreise sehen ihn eher verstrickt ins Netz des alten Freundes Landowsky, dem Berliner Multifunktionär mit dem Faible fürs Kulissenschieben.