„Apartheid ist ein veraltetes Konzept“

■ Die weiße Staatskirche folgt auf ihrer Synodaltagung Bothas Verbalreformen / Schwarze müssen aufgenommen werden, aber nach Hautfarben getrennte Gemeinden wurden beibehalten / Effektiv könnte allein ein Masseneintritt Farbiger und Schwarzer in die NGK sein

Aus Kapstadt Hans Brandt

In den letzten zwei Wochen tagte am Fuße des Tafelberges in Kapstadt das kollektive Gewissen der südafrikanischen Buren. Aus dem ganzen Land waren die Herren in grauen Anzügen zur alle vier Jahre stattfindenden Synode der calvinistischen, niederländisch–reformierten Kirche (NGK) gekommen. Der konservativen Staatskirche gehören unter anderen auch Staatspräsident P.W. Botha und zahlreiche Mitglieder der Regierung an. Die Synode fand zu einer Zeit statt, in der sich Südafrika im Umbruch befindet. Auch die größte weiße Kirche, die bisher die theologische Rechtfertigung der Apartheid geliefert hatte, mußte ihre Position neu bestimmen. „Apartheid als ein politisches System, das Unrecht verursacht, kann aus christlich–ethischen Überlegungen nicht verteidigt werden. Der Versuch, Apartheid aus der Bibel zu rechtfertigen, ist ein Fehler“, heißt es denn auch in dem neuen Grundsatzdokument der NGK mit dem Titel „Kirche und Gesellschaft“, das nach kurzer Diskussion mit nur einer Gegenstimme angenommen wurde. Eine Absage an die Apartheid aus dem Kern der burischen Gesellschaft? Die Erklärung liegt im Detail, in der Wortspielerei, in der Pretoria schon immer gewandt war. Denn schon Anfang des Jahres verkündete P.W. Botha feierlich, daß „Apartheid ein veraltetes Konzept“ sei. Die NGK–Verurteilung bezieht sich somit - zumindest für die Konservativen - auf eine Politik, die schon längst im Abfalleimer der Geschichte liegt. Für das heutige Südafrika hat der Beschluß daher kaum praktische Konsequenzen. Weit größere Bedeutung wird dagegen die Entscheidung der Synode haben, die Mitgliedschaft der NG–Kirche endgültig zu öffnen - ohne Rücksicht auf die Hautfarbe des Antragsstellers. Sollte sich eine Gemeinde in Zukunft der Aufnahme eines schwarzen Christen widersetzen, so wird die Kirchenleitung seine Aufnahme durchsetzen. Wie Kirchenführer wiederholt betonten, hat die NGK aber auch in diesem Jahr ausdrücklich die Beibehaltung der getrennten NG–Kirchen für Mischlinge und Schwarze bestätigt. Vertreter von Allan Boesaks Kirche, der sogenannten NG– Missionskirche für Mischlinge, kritisierten dies auch aufs Schärfste. „Sie haben sich geweigert, die Apartheid wirklich zu beenden“, sagte z. B. Dr. Johannes Adonis. P.W. Bothas Reformkurs gilt eben als Richtlinie. Von Kritik an seiner Politik war nichts zu hören. Gemischte Ehen sind nun auch von der Kirche erlaubt (der Staat gestattete sie schon im vergangenen Jahr). Aber Schulsysteme und Wohngebiete sollen weiterhin getrennt bleiben. Gewaltloser Widerstand und ziviler Ungehorsam gelten als verpönt. Auch zu Homosexualität (“Abnormal“), Islam (“Irrlehre“) und Abtreibung (“Mord“) behielt die NGK ihre gewohnte Linie bei.Der einzige Hoffnungsschimmer: Wenn sich Farbige und Schwarze en gros um die Mitgliedschaft der NGK bewerben sollten, könnten sie nach den jüngsten Beschlüssen nicht abgewiesen werden. So könnte die Einheit der NG– Kirchen über die Rassengrenzen hinweg erreicht werden. FORTSETZUNG VON SEITE 1