D O K U M E N T A T I O N Gotteslästerung

■ Grüne Respektlosigkeit gegenüber einem SPD–Heiligen

Am Donnerstag abend befaßte sich das Bonner Parlament mit der Errichtung einer Stiftung des öffentlichen Rechts „Reichspräsident Ebert–Gedenkstätte“ in Heidelberg. Die Rede des Bundestagsabgeordneten Ströbele von den Grünen, die als einzige Fraktion der Errichtung dieser Stiftung nicht zustimmte, sorgte für erregte Zwischenrufe. Wir dokumentieren Auszüge. Ströbele: (...) Weil die CDU eine Gedenkstätte hier in Rhöndorf hat, wo von Steuermitteln Adenauer gedacht und seine Rosen, sein Haus und seine Möbel gepflegt werden, deshalb braucht die SPD auch ein Denkmal für einen Großen aus ihrer Partei und Geschichte. Nur: Warum haben Sie ausgerechnet den Reichspräsidenten Friedrich Ebert genommen? Nicht der Sozialdemokrat, der Reichstagsabgeordnete oder der letzte Kanzler des Kaisers, sondern der Reichspräsident Ebert soll geehrt werden. Das ist der, der 1918 zu den heimkehrenden Truppen folgendes gesagt hat: (...) „Ihr habt die Heimat vor feindlichem Einfall geschützt, Deutschlands Fluren und Werkstätten vor Verwüstung und Zerstörung bewahrt. Dafür dankt euch die Heimat in überströmendem Gefühl.“ Da fragt man sich doch: Hatten die anderen europäischen Völker Deutschland überfallen und zu vernichten oder zu zerstören versucht? Oder hatte Deutschland mit der ausdrücklichen Zustimmung und unter Führung des Fraktionsvorsitzenden der SPD–Fraktion im Reichstag, Friedrich Ebert, 1914 den Kriegskrediten zugestimmt und damit die imperialen Machtpläne der kiegslüsternen Militärs in Deutschland legitimiert? Ist das auch der Ebert, den Sie in dieser Gedenkstätte in Heidelberg ehren wollen, an den Sie erinnern wollen? (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein Stück von ihm!) Oder ist das der Ebert, der ein überzeugter Monarchist gewesen ist? (Weisskirchen Wiesloch SPD: Niemand ist frei von historischer Schuld! - Weitere Zurufe von der SPD) Ist das der Ebert? 1918/19 gab es in Deutschland durchaus noch die Alternative zwischen einer aktiven Selbstregierung des Volkes, getragen von Arbeiter– und Soldatenräten, auf der einen Seite und einer gehaßten und nur zwangsweise geduldeten bürgerlich bestimmten parlamentarischen Demokratie zu wählen. Ebert und mit ihm die Mehrheit der Sozialdemokraten haben sich ohne Zögern mit den militärischen und bürgerlichen Kräften verbündet. Ihr Ziel war nichts anderes als die Wiederherstellung der Ordnung. Historisch ist diese Entscheidung mitverantwortlich für das Scheitern der Weimarer Republik. (...) Wenn Sie schon unbedingt eine Art sozialdemokratische Rhöndorf–Villa brauchen, warum gründen Sie dann nicht eine Gedenkstätte zum Gedenken an August Bebel oder Rosa Luxemburg? Dann hätten Sie uns voll auf Ihrer Seite. (...) Der vorgelegte Gesetzentwurf zur geplanten Stiftung berechtigt nicht zu der Hoffnung, daß eine Auseinandersetzung an der Person Friedrich Eberts geführt werden soll oder auch nur gewollt wird (...) Sie haben versucht, nicht den Reichspräsidenten Friedrich Ebert, sondern den Politiker Friedrich Ebert in diese Stiftung hineinzubekommen(...) Wir sind deshalb gegen diese Stiftung. (...) Vizepräsident Westphal: Meine Damen und Herren, manchmal ist es ganz schön schwierig, die Freiheit der Rede hier oben voll verteidigen zu müssen. Es ist möglich, solche Reden zu halten, aber man kann Ihnen nicht zustimmen, auch als Präsident nicht, noch dazu, wo es um die Ehre eines Reichspräsidenten einer demokratischen Republik geht, Herr Ströbele.