Metaller: Handeln statt fragen

■ Kämpferische Debatte über Betriebsbesetzungen Moderater Beschluß zum AKW–Ausstieg

Von Maria Kniesburges

Hamburg (taz) - Kämpferische Töne bestimmten am Freitag die Debatte auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall über künftige Arbeitskampfformen. In Zusatzanträgen zu der Entschließungsvorlage des Vorstandes wurde gefordert, den „Verbleib am Arbeitsplatz“ im Falle der Aussperrung als mögliche Kampfmaßnahme in den Beschluß aufzunehmen. In Punkto „legal oder illegal“ rief der Delegierte Jürgen Röder aus dem kampfstarken Bezirk Stuttgart in den Saal: „Wer nach den Rezeptbüchern konservativer Arbeitsrechtler streiken wollte, der kann sich die Achillesferse gleich selbst durchschneiden.“ Den Beifall des Gewerkschaftstages hatte auch der Metaller Rocco Ruo auf seiner Seite, als er erklärte: „Wir müssen nicht zu dem Franz (Steinkühler) hingehen und sagen: „Wir besetzen den Betrieb. Das muß spontan von uns kommen.“ Sieger und Verlierer gab es in dieser Abstimmung nicht. Die Anträge, die den „Verbleib am Arbeitsplatz“ ausdrücklich als Kampfmittel benennen, wurden mit Mehrheit als Material zur Ergänzung der Beschlußvorlage an den Vorstand überwiesen. Ein Beschluß, der in diesem Fall nicht umstandslos als „Begräbnis erster Klasse“ zu werten ist. Denn das Entscheidende in den bevorstehenden Auseinandersetzungen sei „die Phantasie walten zu lassen“. In Sachen Ausstieg aus der Atomenergie hat die IG Metall den DGB nicht in Bewegung gebracht. Die Beschlußvorlage des IGM– Vorstandes, die genauso wie der Hamburger DGB–Beschluß auf „Ausstieg so rasch wie möglich“ lautet, wurde am Freitag nachmittag auf dem Gewerkschaftstag in Hamburg von den Metallerinnen und Metallern mit Mehrheit angenommen. Ausdrücklich abgelehnt wird die Wideraufbereitungsanlage in Wackersdorf. Der Schnelle Brüter in Kalkar wird als „nutzlos“ bezeichnet. Fortsetzung auf Seite 2 Nicht in dem Beschluß enthaltenist ein klares Nein zur Inbetriebnahme weiterer Atomkraftwerke, was angesichts des bereitstehenden AKWs Lingen von Bedeutung gewesen wäre. Stattdessen enthält die Entschließung die Formulierung: „Die Kapazität der Leichtwasserreaktoren in der Bundesrepublik ist auf den derzeitigenStand zu begrenzen und im Zuge des Erfolges einer veränderten Energiepolitik dem sich verringernden Restbedarf anzupassen.“ Bei AKW–Verschrottung kann die Reserve demnach ans Netz. Weitergehende Anträge an den Gewerkschaftstag, die den „unverzüglichen Baustopp“ forderten, kamen nicht zum Zuge. Den Metallern, die auf dem Gewerkschaftstag ein unmißverständliches Nein zu jeder weiteren Inbetriebnahme gefordert hatten, hielt der frisch gekürte IG–Metall–Chef Steinkühler entgegen, daß es gelte, die Kompromißfähigkeit aller DGB–Gewerkschaften nicht zu überfordern. Eine kontroverse Diskussion führten die Delegierten bis in den späten Nachmittag hinein über die Entschlußvorlage zum Bereich Tarifpolitik. Umstritten waren dabei vor allem die Vorstellungen hinsichtlich einer „arbeitnehmerorientierten Flexibilisierung der Arbeitszeit“ im Zuge von Arbeitszeitverkürzungen. Gegen dieses Konzept stellten Delegierte eine klare Absage an jegliche Form der Flexibilisierung, da eine solche Strategie den Arbeitgeberkonzepten in die Hände spiele. Die Debatte war bei Redaktionsschluß noch nicht beendet.