London bricht mit Damaskus

■ Angebliche Verwicklung Syriens in versuchten Bombenanschlag / Terroristenprozeß mit Folgen

Aus London Rolf Paasch

Der britische Außenminister Sir Geoffrey Howe hat am Freitag nachmittag vor dem Unterhaus den Abbruch der diplomatischen Beziehungen seines Landes mit Syrien bekanntgegeben. Sir Geoffreys überraschende Erklärung folgte dem Urteilsspruch eines Londoner Geschworenen–Gerichts vom Vormittag, das den 35jährigen Jordanier Nezar Hindawi für die beabsichtigte Sprengung eines israelischen Jumbo– Jets mit 375 Passagieren an Bord zu einer Haftstrafe von 45 Jahren verurteilt hatte. Hindawi soll der Anklage zufolge im Auftrag des syrischen Geheimdienstes gehandelt und nach dem Scheitern seiner Mission von der syrischen Botschaft in London Fluchthilfe erhalten haben. „Wir können nicht akzeptieren, daß der syrische Botschafter in London Verbindungen zu einem Kriminellen wie Hindawi unterhalten hat“, so erklärte Sir Geoffrey den staunenden Parlamentariern die schnelle Reaktion. Er ließ dem Botschaftspersonal vierzehn Tage Zeit, um Großbritannien zu verlassen. Der syrische Botschafter und enge Vertraute Präsident Assads, Dr. Loutof Allah Haydar, nannte die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen dagegen „blanken Unsinn“. Für eine Verwicklung der syrischen Botschaft gebe es keinerlei Beweise. Die Geschworenen im Prozeß gegen Hindawi hatten es als erwiesen angesehen, daß Hindawi im April versucht hatte, durch seine Freundin eine Bombe an Bord des El Al–Jumbos schmuggeln zu lassen. Wenige Tage nachdem Sicherheitsbeamte der israelischen Fluggesellschaft im Gepäck der 32jährigen Irin Ann Murphy einen umgebauten Taschenrechner und drei Pfund Plastiksprengstoff entdeckt hatten, war Hindawi damals in einem Londoner Hotel festgenommen worden. In seiner abschließenden Urteilsbegründung erklärte Richter Justice Mars–Jones, es sei schwierig, „sich einen kaltblütigeren, grausameren und übleren Akt der Täuschung vorzustellen als den Hindawis“. Fortsetzung auf Seite 6 Die Story von dem „einfältigen irischen Zimmermädchen“, das von dem rücksichtslosen Araber als lebende Zeitbombe in die vermeintlichen Flitterwochen vorgeschickt wurde, war ganz der Stoff, aus dem in Großbritannien die Träume der Boulevardblätter ge presst werden. „Du Bastard, ich hasse dich“, lautete nicht nur das Verdikt seiner von ihm geschwängerten und getäuschten Geliebten, sondern auch der britischen Öffentlichkeit. Hindawi selbst hielt während des zwölftägigen Prozesses an der Version fest, er sei von als Drogenhändlern auftretenden Syrern zum unwissenden Terroristen umfunktioniert worden. Doch seine Story vom Viertelmillionen–Dollar–Deal durch den Drogentransport zog ebensowenig wie die zuletzt von seinem Verteidiger vorgebrachte Theorie, der israelische Geheimdienst Mossad könnte die Finger im Spiel gehabt haben. Sowohl Hindawis Pistole mit syrischer Munition als auch der syrische Paß, der bei ihm gefunden wurde, bezeugten seine wissentliche Zusammenarbeit mit den Syrern, so die Jury wie auch das britische Außenministerium.