Der betrogene Minister

■ Die philippinische Kabinettskrise eskaliert

Des einen Held ist des andern Beelzebub und die Wahrheit ist immer relativ. Dies bestätigt sich jetzt bei dem Machtkampf auf den Philippinen. Was als ausgeuferte Kabinettskrise erscheint, hat seine Wurzeln in der unterschiedlichen Interpretation der Ereignisse, die zu Marcos Sturz führten. Hält die zur Zeit offizielle Geschichtsschreibung aus dem Regierungspalast für den alten und neuen Verteidigungsminister gerade noch ein Gnadenbrot bereit, weil er während des Volksaufstandes imFebruar noch eben rechtzeitig die Fronten gewechselt hatte, so sieht das Militär in Enrile die eigentliche Schlüsselfigur des Machtwechsels: Ohne die Militärrevolte sei die Volkserhebung gar nicht entstanden, und das Militär habe sich damals für die Intervention zugunsten Aquinos grundsätzliche politische Einflußmöglichkeiten ausbedungen. Seit klar wird, daß Aquino auch Teile der liberalen und progressiven Öffentlichkeit, der Peoples Power, ernst nimmt und Enrile dabei als „Bad Boy“ zum Außenseiter wird, versucht er die alten Garantien einzuklagen. Skrupellos, öffentlichkeitswirksam, geschickt: Seine Methoden sind die der traditionellen philippinischen Politik, in der er, im Gegensatz zu Aquino und vielen ihrer Berater, jahrzehntelange Erfahrungen sammeln konnte. Will Enrile putschen? Er dementiert. Das Militär soll die Drecksarbeit alleine machen, er fordert nur den notwendigen Handlungsspielraum. Will Enrile Präsident werden? Kein Zweifel. Im Weg ist nur der mindestens ebenso ehrgeizige und skrupellose Außenminister Laurel. Wie wird das Rennen ausgehen? Ungewiß. Die größte Gefahr sind zur Zeit mit Sicherheit die vielen kleinen Kompromisse, zu denen Aquino sich durch Enriles permanente Attacken treiben läßt. Kompromisse, mit denen sie das Vertrauen der Linken verspielt und die für die Rechte ohne Bedeutung sind. Nina Boschmann