Nach der Wahl nun die Qual

■ Landesversammlung der bayerischen Grünen / Vorstandsmitglied Kaltenhauser abgewählt, zwei weitere werden zurücktreten / Wirbel um Pressesprecher / Landtagsfraktion wird Aufstockung der Mittel genehmigt

Von Luitgard Koch

Weißenburg (taz) -Kurz nach dem Erfolg der bayerischen Grünen bei den bayerischen Landtagswahlen ist es auf der ersten Landesversammlung zu harten Auseinandersetzungen um den Landesvorstand gekommen. Der 25jährige Sprecher des Vorstands Martin Kaltenhauser wurde mit 131 Stimmen abgewählt. Auslöser für die Debatte um den Vorstand waren zwei Anträge von Münchner Kreisverbänden. Kaltenhauser, er kam von der katholischen Landjugend zu den Grünen, war schon seit längerer Zeit umstritten. Seine Äußerungen - zusammen mit Vorstandsmitglied Heinz Gruber sprach er sich als erster gegen die Anti–WAA–Demo vom 4.10. aus und warnte vor der „Stahlkugelfraktion“ - lösten auch bei verschiedenen Kreisverbänden Proteste aus. Ärger hatte es auch gegeben, als er wenige Tage vor der grünen Bundesversammlung in Nürnberg ohne Absprache mit anderen Vorstandsmitgliedern von einem eventuell möglichen Ausstieg aus der Atomenergie erst in sechs Jahren gesprochen hatte. Schriftführer Martin Sträßer kam seiner möglichen Abwahl zuvor und trat zurück. Im Amt bestätigt blieben die Sprecherin Ulrike Windsperger sowie Heinz Gruber. Bis nach der Bundestagswahl im Februar soll der reduzierte Vorstand seine Arbeit fortsetzen. Danach gibt es Neuwahlen. „Um mit einem wirklich motivierten Pressesprecher in den Wahlkampf zu gehen, ist es auch notwendig, ihm das Vertrauen auszusprechen“, begründete Michael Weiß den Tagesordnungspunkt acht „Vertrauensvotum für Pressesprecher Hans Dieter Reichhelm“. Schon seit August hatte hinter den Kulissen ein Machtkampf zwischen dem Landesvorstand und seinem Pressesprecher getobt. Auf der Landesversammlung jedoch hoben vor allem Mitglieder der Kreisverbände die gute Pressearbeit ihres Sprechers hervor. Kaltenhauser bezeichnete seine Abwahl als „primitiven Wählerbetrug“. An Austritt denke er jedoch nicht, versicherte er. „Es ist wichtig, daß sich die bayerischen Grünen gegen Tschernobyl und Cattenom aussprechen, auf Bundesebene ist es nicht gelungen darzustellen, daß wir gegen AKWs in Ost und West sind“, hatte das grüne Bundestagsmitglied Heinz Suhr zu Beginn der Landesversammlung appelliert. Im Protest gegen die Inbetriebnahme der AKWs Cattenom, Brokdorf und Tschernobyl waren sich die rund 400 Delegierten einig gewesen. Konsens hatte auch bei der Wahlanalyse des Ergebnisses der bayerischen Landtagswahl geherrscht, wo der Gewinn der rechten „Republikaner“ als „Wermutstropfen“ im grünen Sieg bezeichnet worden war. Bevor die Auseinandersetzungen um die Mitglieder des Landesvorstands begonnen hatten, schaffte es die grüne Landtagsfraktion auch noch, ihren Antrag nach Aufstockung der Mittel für die Einstellung persönlicher Mitarbeiter zu verabschieden. Um effektiv arbeiten zu können, forderten sie, einen Teil der Aufwandsentschädigung zur Einrichtung von Ganztagsstellen verwenden zu können. Es wurde vereinbart, für die Verteilung der Gelder im Gespräch mit der Fraktion eine gemeinsame Lösung zu suchen.