Freunde der Atomkraft unter sich

■ ÖTV–Kommission zum Atomenergie–Antrag gebildet / Mehrheitlich mit Befürwortern besetzt „Der DGB–Beschluß zum Ausstieg läßt sich nicht umsetzen“ / Keine ausgereiften Alternativen zur Kernkraft

Aus Heidelberg Rolf Gramm

Die für die Organisation der AKW–Beschäftigten zuständige Gewerkschaft ÖTV hat eine Kommission zum Ausstieg aus der Atomenergie gebildet, die mehrheitlich aus Befürwortern einer weiteren Nutzung der Atomenergie besteht. Der Kommission, die erstmals am 4. November zusammentreten soll, hat den offiziellen Auftrag, ein Konzept für den „schrittweisen, planvollen Rückzug aus der Kernenergie“ gemäß dem Beschluß des DGB–Kongres ses zu erarbeiten. Dabei solle, wie aus der Stuttgarter Hauptverwaltung der ÖTV verlautete, ein sozial verträglicher Weg sowie ein realistischer Zeitplan für den Verzicht auf die Kernenergie gefunden werden, der die europäischen Erfahrungen berücksichtigt. Die Kommission besteht aus insgesamt 20 Mitgliedern. Den Vorsitz hat der stellvertretende ÖTV–Chef Karl–Heinz Hoffmann (CDU), sein Stellvertreter ist der Leiter der ÖTV–Hauptabteilung Energie– und Wasserversorgung, Gottfried Hecht. Beide gelten in Gewerkschaftskreisen eher als Atombefürworter, ebenso wie die AKW–Betriebsräte Karl Keckeis (Isar I) und Christian Rettweiler (AKW Biblis) sowie der Vertreter des DGB–Arbeitskreises Kerntechnik, Walter Brandt, der ebenfalls im AKW Biblis beschäftigt ist. Verstärkt wird das Lager der Freunde der Atomkraft weiter durch die Verbandsvertreter Dr. Ludwig, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), sowie Dr. Joachim Grawe und Dr. Hermann Krämer von der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke (VDEW). Lediglich drei der acht Mitglieder des ÖTV–Hauptvorstandes, die in den Ausschuß entsandt wurden, gelten in Gewerkschaftskreisen als AKW–Gegner. Gemeinsam mit Prof. Peter Hennicke vom ÖKO–Institut und dem Oldenburger Prof. Wolfgang Pfaffenberger werden sie an einem Minderheitenvotum arbeiten müssen. Biblis–Betriebsrat Christian Rettweiler erklärte gegenüber der taz, er sehe seine Aufgabe in dem Ausschuß, darin „aufzuzeigen, daß sich der DGB–Beschluß zum Ausstieg aus der Atomenergie nicht umsetzen läßt“. Weil es keine ausgereiften Alternativen zur Nutzung der Kernkraft gebe, könne man derzeit auch keinen Zeitplan für den Ausstieg festlegen. „Dem ersten Eindruck nach scheint die Kommission gut zusammengesetzt zu sein“, erklärte er, „da kommt schon was vernünftiges dabei raus.“