P O R T R A I T Ein moralischer Sozialdemokrat

■ Klaus von Dohnanyi, Spitzenkandidat der SPD - ein Mann des Erfolgs und der Leistung

Stallgeruch? Es gibt keinen SPD– Spitzenpolitiker, der so wenig damit behaftet ist, wie Klaus von Dohnanyi (58), Ex–Ford–Manager (Detroit und Köln), 1981 als Ersatz für den über das AKW Brokdorf gestürzten Hans– Ulrich Klose als Bürgermeister nach Hamburg beordert. Genaugenommen nicht als Bürgermeister, sondern als primus inter pares (Erster unter Gleichen), Vorsitzender eines Kollegialorgans, des Hamburger Senates. Während viele schlaue Analytiker bei der SPD - zurecht - den Verlust der kulturellen Hegemonie in Sachen sozialer Zukunft feststellen, weil CDU und Grüne dort sehr erfolgreich Themen besetzt haben, gelang Klaus von Dohnanyi das umgekehrte Kunststück: Er brach in Hamburg wie kaum ein Bürgermeister bisher die Hegemonie der CDU in Sachen wirtschaftlicher Zukunft. Nicht umsonst gilt Klaus von Dohnanyi innerhalb der SPD als einer der attraktivsten Vertreter der Roth/Rau–Wirtschaftslinie: Die SPD muß die technische Intelligenz und die Unternehmer der Zukunft für sich gewinnen, lautet das Credo. „Der kreative Unternehmer im Schumpeterschen Sinne“ ist sein Leitbild, ihn gilt es zu suchen und zu fördern. Mit geradezu manischer Besessenheit eifert Dohnanyi dabei seinen großen Vorb Aufgabe der Politik, vor allem in einer Krisenregion wie Hamburg, müsse es sein, wirtschaftshistorische Sachzwänge zu erkennen, daraus die richtigen Weichenstellungen für wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu entwickeln, vor allem aber, ein Klima zu entwickeln, in welchem sich der Macher der Zukunft, der privatwirtschaftliche Unternehmer wohlfühlt. Bei Großkonzernen wird da auch mal gerne mit der Subventionsspritze a la Späth/Daimler Benz nachgeholfen: 140 Millionen schob die Hansestadt jüngst für die Mega–Chip– Fabrik von Philips–Valvo über die Theke. Der Hamburger Unternehmerschaft versucht Dohnanyi - teils noch vergeblich - klarzumachen, daß ihre Zukunft nicht auf dem Wasser, sondern auf dem Land liegt: Kleine feine Industrie für kontinentale Zukunftsmärkte. Dem rechten Bürgerlager in Hamburg bietet dieser Mann, der von einer Verfassungsänderung träumt, die ihm endlich klare Machtbefugnisse gegenüber seinen Senats–Kollegen einräumt (das Recht auf Bestellung und Entlassung z.B.), kaum eine Angriffsfläche. Die Partei, stolz darüber, hat aber doch ihre Probleme mit ihm. Selbst Helmut Schmidt, geistig ähnlich gelagert, war noch ein typischer Hamburger Mittelstandssozi gegenüber dem großbürgerlichen Manager des „Unternehmens Hamburg“ (Dohnanyi–Slogan). Man frage ihn oft, so weiß Dohnanyi zu berichten, warum er überhaupt Sozialdemokrat sei. „Demokratie, Frieden und Menschenrechte“ - auf diesen Feldern habe die Sozialdemokratie „immer richtig gelegen.“ Ein moralischer Sozialdemokrat also. Florian Marten