Große Fische habens gut

■ Aufwendigstes Umweltschutz–Ermittlungsverfahren in Baden–Württemberg eingestellt / Manager von „Dynamit Nobel“ handelten nicht schuldhaft, da Behörden illegale Dioxinablagerungen „aktiv geduldet“ haben

Aus Lörrach Th. Scheuer

Die hochbrisante Giftmüll–Endmoräne des Chemie–Werkes Dynamit Nobel AG im südbadischen Rheinfelden bleibt vorläufig ohne gerichtliches Nachspiel: Der zuständige Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Gramlich gab am gestrigen Donnerstag in Lörrach die Einstellung des im August 1984 aufgenommenen Ermittlungsverfahrens gegen leitende Verantwortliche wegen illegaler Abfallbeseitigung bekannt. Damit endete das bisher aufwendigste und teuerste Umweltschutzverfahren in Baden–Württemberg. Insgesamt 434,44 Tonnen PCP– und HCB–haltige Filter rückstände hatte die Chemie– Firma, so ermittelten die Experten vom Mobilen Umweltschutzkommando des LKA sowie mehrere in– und ausländische Gutachter, in den Jahren 1973 bis 1984 illegal auf der Sondermülldeponie in einem Wäldchen des Rheinfeldener Ortsteils Karsau verbuddelt. Der Dreck, der mehrere Tonnen Dioxine und Furane (darunter auch Rückstände des seit Seveso berühmt–berüchtigten) 2,3,7,8– TCDD enthält, fiel bei der Produktion des Holzschutzmittelgrundstoffes Pentachlorphenol (PCP) an, die nach jahrelangem politischen Gezerre im letzten Sommer eingestellt wurde. Als strafrechtlich verantwort lich machten die Fahnder zwei leitende Dynamit–Angestellte aus, den früheren Werksleiter und den Betriebsleiter des PCP–Bereichs; ihnen sei für den Zeitraum 1973 bis 1976 vorsätzliches und für den Zeitraum 1978 bis 1981 fahrlässiges Handeln anzulasten. Doch für die vorsätzliche Umweltsauerei ist bereits 1981 für die fahrlässige 1984 die Verfolgungsverjährung eingetreten. Bleibt nach Adam Riese immer noch die Zeit von 1982 bis 1984. Für diesen Zeitraum, so die Einstellungsverfügung, „entfällt schuldhaftes Handeln, da die illegale Abfallbeseitigung insoweit von den zuständigen Behörden aktiv geduldet worden ist“. Letzteren sei auch kein strafrechtliches Fehlverhalten zu attestieren. Das sieht der Giftmüllexperte der Grünen–Bundestagsfraktion, Heiner Lohmann, der als grüner Stadtrat in Rheinfelden seit 1981 den Dioxin–Dynamit–Skandal scheibchenweise maßgeblich mit ans Licht brachte, anders: Als „juristisches Possenspiel mit dem Rechtsempfinden der Bürger“ kommentierte Lohmann gegenüber der taz gestern die Verfahrenseinstellung. Konsequent forderten die Grünen gestern in Bonn als erste Reaktion die Amtsenthebung der veranwortlichen Beamten und Politiker und wollen auch die Chancen entsprechender Strafanzeigen „prüfen lassen.“