Der Blick in die Streikkassen

Der BGAG–Vorsitzende Alfons Lappas hat seine Weigerung, vor dem Neue–Heimat–Untersuchungsausschuß des Bundestages auszusagen, mit zwei Argumenten begründet. Erstens erstrecke sich der Untersuchungsauftrag lediglich auf die Neue Heimat, nicht aber auf die Gewerkschaftsholding BGAG (obwohl diese bis vor kurzem direkt oder über hundertprozentige Tochtergesellschaften zu 98 Prozent im Besitz der Neuen Heimat war), und zweitens gelte es, der beabsichtigten Ausforschung der gewerkschaftlichen Vermögensverhältnisse zu widerstehen. Schließlich wären die entscheidend für die Kampfkraft der Gewerkschaften. Ein Blick der - den Arbeitgebern politisch verbundenen - Koalitionsvertreter in die Streikkassen der Gewerkschaften mache diese für den Tarifgegner kalkulierbar. Zweifellos ist das ein für die Gewerkschaften überlebenswichtiges Argument. Nicht umsonst hütet sich Norbert Fischer, das für Finanzen zuuständige Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Metall, auch nur andeutungsweise Angaben über die Höhe der Rücklagen der IGM zu machen. Auch im Geschäftsbericht der IGM findet sich dergleichen nicht. Und dennoch enthält die Begründung von Lappas für seine Aussageverweigerung nur die halbe Wahrheit. Alle Einzelgewerkschaften des DGB und auch der DGB selbst unterhalten - unabhängig von dem gemeinwirtschaftlichen Unternehmenskomplex - Vermögensverwaltungsgesellschaften, in denen Mitgliedsgelder, Wertpapierbesitz, Immobilien usw. zusammengefaßt sind und die im Falle eines Arbeitskampfes für die Bereitstellung von Bargeld in ausreichender Menge sorgen müssen. Sicher wickeln diese Gesellschaften einen Teil ihrer Geschäfte über die BGAG oder die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) ab, aber durchaus nicht alle. Die IGM beispielsweise hat die 500 Millionen für den Arbeitskampf 1984 auf andere Weise aufgebracht. Im übrigen kann die Ausforschungsthese schon allein deshalb nicht stimmen, weil die Gewerkschaften selbst inzwischen offen daran denken, Teile der BfG zu veräußern. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, einem zukünftigen Teilhaber - ganz egal ob der später 49 oder 51 Prozent der Anteile hält - den Einblick in die Geschäftsvorgänge der Bank zu verwehren. Wenn die Gewerkschaften sich gegen die Ausforschung ihrer Streikrücklagen sichern wollen, müssen sie ihre Einlagen aus der BfG zurückziehen, bevor sie sie teilweise verkaufen. Auch dann sind allerdings immer noch Rückschlüsse über vergangene Finanzaktionen der Gewerkschaften aus den Büchern zu ersehen, soweit sie über die BfG gelaufen sind. marke