„Närrische“ Schüsse?

■ Münchener Studiendirektor ist wieder frei

Ein „passionierter Jäger und Waffennarr“ soll er sein, der Münchener Studiendirektor Wolfgang K., dessen nächtliche Schüsse am Montag einen Jugendlichen das Leben kosteten und einen verletzten. Ja, wenn das so ist. Wer denkt bei einem „passionierten Jäger“ nicht an einen ehrenwerten Mann mit nettem grünen Hütchen? Und wer billigt nicht dem Waffennarren - das Wort allein legt es doch schon nahe - augenzwinkernd eine ach so menschliche Kinderei zu? Daß so jemand nicht vorsätzlich, sondern bestenfalls fahrlässig wider besseres Wissen tötet, muß auch die Münchener Staatsanwaltschaft gedacht haben, die den Todesschützen Wolfgang K. jetzt wieder auf freien Fuß gesetzt hat. Aber das Münchner Beispiel beweist gerade das Gegenteil. Wer, wie Studiendirektor K., einen Dieb nicht einfach durch lautes Rufen in die Flucht schlägt, sondern dem Flüchtenden noch mit einer Waffe hinterhersetzt, handelt wie ein Jäger, der Beute machen will. Das Jagdmotiv ist die Empörung über die Versehrtheit des „Eigentums“ Auto, die stärker ist als die Angst um die Unversehrtheit eines anderen Menschen. Und wer eine mit scharfer Munition geladene Waffe griffbereit in seiner Schublade hat, hat sie nicht deshalb dort, weil er ein Narr ist, sondern weil er sich als Narr fühlen würde, wenn er sie nicht auch benutzte. Passionierte Jäger und Waffennarren sollten genau aus diesem Grund die letzten sein, denen der Besitz einer Schußwaffe erlaubt ist. Sie sollten auch die letzten sein, denen bei ihrem Umgang mit der Pistole bloße Fahrlässigkeit zugute gehalten wird, denn sie wissen sehr wohl, daß die eigentliche Faszination der Waffe in ihrer Fähigkeit zu töten liegt. Vera Gaserow