Mai–Grüne im Herbst

■ Die Partei soll über eine Jugendorganisation nachdenken

Berlin (taz) - Es mußte ja so kommen: Nachdem in der nächsten Bundestagsfraktion der Grünen nicht nur die Grauen Panther vertreten sind, sondern das Durchschnittsalter der Kandidatinnen und Kandidaten generell auf über 40 Jahre angestiegen ist, wird die Forderung nach einer Grünen–Jugendorganisation laut. Der Ruf nach der Jugend gerät dabei zum Ruf nach einer politischen Frischzellenkur. Der Bundestagsabgeordnete Heinz Suhr hält bei seiner Partei „ein Nachdenken über eine eigene Jugendorganisation für überfällig“. Und er steht damit keineswegs allein. Auch der Hamburger GAL–Querdenker Michael Stamm hatte sich in der Vergangenheit darüber schon öffentlich Gedanken gemacht. Hatten sich die Grünen bisher immer als etwas Besonderes gesehen, sich abgesetzt von den anderen Parteien dadurch, daß sie sie z.B. als „Altparteien“ charakterisierten, und sich selbst als völlig anders, als Sonderfall einer Partei, dargestellt, so ist der am Sonntag veröffentlichte Brief des Abgeordneten Suhr an die Strukturkommission und die Führungsgremien der Grünen nicht Ausdruck des Gegenteils, sondern noch schlimmer. Suhr schreibt, man habe „zwar glücklicherweise einen starken Rückhalt bei der jungen Generation“, trotzdem sei immer häufiger „Grünis sind out“ zu hören. Es mache sich eine „Wahlenthaltungsstimmung breit, die auch vor den Grünen nicht unbedingt halt macht“. Als drittstärkste politische Kraft sei es notwendig, „unserem Veränderungswillen den nötigen Unterbau zu verschaffen“. Es sei „ein Trauerspiel, mitansehen zu müssen, wie unzulänglich die Grünen auf alltägliche Anforderungen seitens der sozialen Bewegungen reagieren“. Nein, so ein Brief ist keine Satire, kein Ausrutscher. Die Forderung nach einer Grünen–Jugendorganisation ist keinesfalls nur eine Anpassung, sie ist ein Offenbarungseid für die egalitären Prinzipien des Politikmachens, die die Grünen bisher immer (zu Recht) hochgehalten haben. Max Thomas Mehr