Friedenstag vorbei - Krieg den Schwulen

■ In einem neuen Dokument verurteilt der Vatikan nicht–eheliche Sexualbeziehungen

Aus Rom Werner Raith

Erwartet wurde das Dokument schon seit langem; seine Veröffentlichung hatte man aber aus diplomatischen Rücksichten bis zum Friedensspektakel in Assisi vom 27. Oktober verschoben, um keine Irritationen über die Friedensbereitschaft - des Papstes derzeit liebstes Kind - aufkommen zu lassen. Hans Küng, gemaßregelter Theologe, hatte wieder einmal recht - für ihn war das Pazifismus–Spektakel mit den Weltreligionsführern nicht viel mehr als eine „Flucht vor dem innerkirchlichen Dialog“. Nun, nach der in alle Welt übertragenen Superschau von der Plazza San Francesco, geht es innen wieder hart auf hart. Kardinal Ratzinger, Chef der „Glaubenskongregation“ (dem ehemaligen „Heiligen Offizium“, der Inquisitionsbehörde) wurde seinem Ruf als „Kettenhund“ des Karol Wojtyla wieder einmal gerecht. In einem Brief an alle Bischöfe der katholischen Kirche hat er Maßregeln ausgegeben, „wie man sich homosexuellen Personen gegenüber verhalte“. Die sollen sich „voll und ganz zum Weg unseres Herrn bekehren (Seitenhieb für alle anderen, die sich vom Dokument nicht betroffen fühlen: „Nur in der Ehe darf Sexuelles geschehen“) Die Mittel dafür bilden eine Art Zuckerbrot– und Peitschen–Strategie. Auf der einen Seite eine absolute und unbeugsame Verdammung der Homosexualität - sie wird als „disordinato“ bezeichnet, was in kirchlichem Sprachgebrauch zumindest „unnatürlich“, meist jedoch sogar „widernatürlich“ bedeutet. „Rom hat Sodom und Gomorrha wiederentdeckt“, entsetzte sich da in einem Kommentar in La Repubblica der katholische Priester (und Europa–Abgeordnete) Gianno Baget Bozzo, in Anspielung auf die dort angeblich praktizierten Sex–Orgien, „als ob nicht mittlerweile auch die Kirche genau wüßte, daß die Verweigerung des Bürgerrechts auf Praktizierung der eigenen Sexualität die soziale Unterdrückung einer menschlichen Grundbedingung darstellt“. Doch das Ratzinger–Dokument läßt den des „Bösen“ Geziehenen auch eine, wenn auch kleine, Ausflucht: Die „Neigung als solche ist noch nicht Sünde“, erstens, und zweitens ist sie auch nur „objektiv“ unnatürlich - was einen Spielraum für die Rückkehr in den Schoß „normalen“ Verhaltens gibt, insofern eine „subjektive“ Schuldunfähigkeit hineininterpretiert werden kann. Jedenfalls, so der Text, müssen sich die Homosexuellen schleunigst auf den Rückweg machen - und der ist im Dokument schlicht als „oastita“, als Keuschheit, definiert.