Bundesverband für Schwule

■ Bei Gründungsversammlung setzten sich schwule Realos durch / Verbesserungen für Unverheiratete gefordert / Pädophile zogen nach Abstimmungsniederlage aus

Aus Köln Albert Eckert

Nach gut einem Jahr Vorbereitung bei zahlreichen Einzeltreffen wurde am Wochenende in Köln von rund 150 Vertretern von Schwulen–Emanzipationsgruppen ein „Bundesverband Homosexualität“ gegründet. Die Gründung dieses Dachverbandes für schwule Männer (ohne die Lesben; sie haben seit kurzem den „Lesbenring“ als ihren eigenen Verband) ist seit vielen Jahren der erste Versuch innerhalb der Schwulenbewegung, eine Bundesorganisation von Schwulen zu gründen, die von derart vielen Gruppen getragen wird. Frühere Spannungen zwischen Vertretern linker Politik und bürgerlichen Schwulen spielten keine große Rolle mehr. Eie neue Generation schwuler Realpolitiker akzeptierte weitgehend die im Vorfeld gefundenen Konsensformeln. Für die gesamte Bevölkerung wird eine „Unverheirateten–Politik“ angestrebt, die besonders im Abbau der vielfältigen Priviligierung von Ehebeziehungen bestehen soll. Gefordert wird zum Beispiel beim Steuerrecht die Abschaffung des Ehegatten–Splitting, im Sozial– und Mietrecht die Stärkung des Individualprinzips. Der Bundesverband Schwuler steht damit in vielen Punkten der Frauen– und Lesbenbewegung nahe. Mit dem Lesbenring (und mit der Deutschen AIDS–Hilfe) wird eine Zusammenarbeit ausdrücklich angestrebt. Ein fünfköpfiger Vorstand wird dem Bundesverband in Zukunft vorstehen. Seine Rechte gegenüber der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung sind allerdings beschränkt. Er ist zudem auf di einvernehmlicher Sexualität, einschließlich sexueller Beziehungen von Kindern untereinander und mit Erwachsenen gefordert. Die vertretenen Pädosexuellen, denen mehr an der Gründung eines Bundesverbands für sexuelle Minderheiten gelegen war, wollten diese Forderungen besonders hervorgehoben wissen. Andere Schwule betonten dagegen, es gebe eine gewisse Schutzfunktion des Sexualstrafrechts für Mädchen vor der Vergewaltigung durch Männer. Zusammen mit einigen Unterstützern verließen die Pädosexuellen nach einer Abstimmungsniederlage die Gründungsversammlung. Sie wollen zwar künftig Kontakt zum „Bundesverband Homosexualität“ halten, streben aber gleichzeitig die Bildung eines Pädo–Netzwerks an. Am rande der Tagung der internationalen Schwulen– und Lesben– Organisation (ILGA) im Juli 1987 in Köln wollen sie ihr eigenes Treffen abhalten. Mit Freudengekreisch und anhaltendem Beifall feierten die Gruppenvertreter die Gründung ihres Verbandes. Sie hoffen zuversichtlich auf eine künftig stärkere Medienpräsenz der Schwulenbewegung, eine verbesserte Zusammenarbeit der Gruppen untereinander und auf mehr Macht beim Einsatz gegen Schwulendiskriminierung in der Provinz und in den Städten.