Weltbank–Anpassung: Ruin der Elfenbeinküste

■ Heute Experten–Anhörung im Bundestag zu Folgen von IWF und Weltbankpolitik

Von Ulli Kulke

Berlin (taz) - Die Vernachlässigung der Binnenwirtschaft der Entwicklungsländer, einseitige Förderung der Exportproduktion zu Lasten der städtischen Armen und auch der Beschäftigung in den ländlichen Bereichen - dies ist durchgängig das Ergebnis der Auflagen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) bei der Kreditvergabe an die verschuldeten Länder. Der Hamburger Weltbankexperte Professor Rainer Tetzlaff wird heute die Mitglieder des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (AWZ) mit dieser seiner Einschätzung konfrontieren: „Einfluß der von der Weltbank und dem IWF durchgeführten Anpassungsprogramme auf die entwicklungspolitische Zusammenarbeit“ - zu diesem Thema findet heute eine öffentliche Experten–Anhörung des (AWZ) in Bonn statt. Den Wortlaut des Titels sollte man sich merken - behaupten doch Finanzminister Stoltenberg und sein Entwicklungskollege Warnke stets, daß die Weltfinanz–Institutionen keine Programme von den verschuldeten Drittwelt–Ländern fordern, sondern nur in den Dialog über solche Programme mit ihnen eintreten. Ausgearbeitet würden sie von den betreffenden Regierungen selbst. Als Sachverständige hat der Ausschuß neben Tetzlaff Vertreter der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der regierungsunabhängigen Entwicklungsorganisation Terre des Hommes. Tetzlaffs Anhörungs–Statement über die Strukturanpassungs–Kredite der Weltbank dürfte für den Ausschuß insbesondere deshalb interessant sein, weil Warnke und Stoltenberg vor zwei Wochen vereinbart haben, nach Weltbank–Vorbild und in Zusammenarbeit mit ihr ebenfalls „Strukturanpassungs–Kredite“ an verschuldete Entwicklungsländer zu vergeben (taz v. verg. Samstag). Tetzlaff stützt sich in seiner Stellungnahme vor allem auf eine Stichprobenuntersuchung von vier afrikanischen Ländern, die Strukturanpassungsdarlehen der Weltbank in Verbindung mit IWF– Bereitschaftskreditabkommen erhielten: Kenia, Malawi, Elfenbeinküste und Sudan. Besonders einschneidend wirkten die Programme der Washingtoner Währungsinstitute im Fall Elfenbeinküste, dem „Wirtschaftswunderland Westafrikas der 70er Jahre“, das Anfang der 80er in die Fänge der Kreditvergabe von Weltbank und IWF geriet. Um über Sparmaßnahmen die internationale Kreditwürdigkeit wiederzuerlangen, „wurden die Löhne eingefroren, Angestellte des öffentlichen Dienstes entlassen, staatliche Versorgungs– und Vermarktungsbetriebe aufgelöst oder privatisiert, die Sozialausgaben der Regierung drastisch gekürzt und neue Investitionen auf ein Minimum reduziert“. Nach Tetzlaff sank „als Folge dieser Austeritätsmaßnahmen“ das Pro–Kopf–Einkommen zwischen 1981 und 1985 um jährlich acht bis neun Prozent, also um über ein Drittel in nur vier Jahren. Von der „dramatischen Verarmung der Bevölkerung“ seien zwar die Städter stärker betroffen gewesen als die Bauern. Die ländliche Arbeitslosigkeit sei jedoch drastisch gestiegen. Die Beschäftigung im modernen Agrarsektor sei im genannten Zeitraum ebenfalls jährlich um neun Prozent gesunken, während sie in den fünf Jahren vor dem Weltbank–Strukturanpassungsdarlehen pro Jahr um denselben Prozentsatz gestiegen sei. Noch 1980 habe in der Elfenbeinküste Vollbeschäftigung geherrscht. Immerhin, eins habe die Elfenbeinküste erreicht: Die Zinszahlungen auf Auslandsschulden seien von 77 Milliarden Francs 1981 auf mehr als das Doppelte, auf 163 Francs, im Jahre 1985 gesteigert worden. Tetzlaff bezeichnet die Hoffnung auf steigende Weltmarktpreise für die Exportprodukte Kaffee, Kakao und Palmöl, auf die die Anpassungsprogramme der Weltbank setzten, als vage. Als weiteres Beispiel führt Tetzlaff den Sudan an, wo „im Jahre 1985 der Widersinn der üblichen IWF–Stabilisierungspolitik, flankiert von Weltbankprojekten, einen Höhepunkt erreichte“. Ein Generalstreik stürzte Präsident Numeiri nach Verkündung von Austeritätsmaßnahmen gemäß IWF, und dem Volk des Musterschülerlandes des IWF blieben zehn Milliarden Dollar Schulden.