P O R T R A I T Ein radikaler Demokrat

■ Der südkoreanische Priester Moon Ik–Hwan wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt

Moon Ik–Hwan ist ein mutiger Mensch. Statt auf ein mildes Urteil zu hoffen, forderte der südkoreanische Methodistenpriester bereits zu Beginn seines Prozesses eine langjährige Haftstrafe. Die Begründung: Es sei unfair, daß man ihn persönlich nur wegen „Aufwiegelung“ belange, andere Regimegegner dagegen wegen „Verstoßes gegen das Nationale Sicherheitsgesetz“, was wesentlich strenger geahndet wird. Allein, das Plädoyer für Gerechtigkeit hat ihm auch in diesem Fall nichts genützt, das Urteil lautet „nur“ auf drei Jahre. Der Werdegang des 68 jährigen Priesters ist in vielem typisch für die Entwicklung des südkoreanischen Widerstandes insgesamt. Er begann seine politischen Aktivitäten 1975, nachdem der damalige Diktator Park Chung Hee einen mit Moon befreundeten Journalisten umbringen ließ. Wie viele Priester arbeitete er in den folgenden Jahren in Slums und Dörfern in den sogenannten „Industrial Missions“, kleinen kirchlichen Entwicklungsprojekten. Wegen seinem Bekenntnis zur Gewaltfreiheit wurde er oft mit Gandhi verglichen. Nach der brutalen Niederschlagung des Aufstandes von Kwangju 1980 radikalisierte sich Moon und begann, in der neuen entstehenden politischen Opposition aktiv zu werden, deren zentrale Forderungen „Befreiung und Vereinigung“ lauteten. Unter letzterem wird in Südkorea sowohl die politische Einheit innerhalb Südkoreas als auch die Wiedervereinigung mit Nordkorea verstanden. Als Vorsitzender von „Mintongnyon“ (Volksbewegung für Demokratie und Vereinigung), einer Allianz von über 20 parteiunabhängigen Organisationen aus allen Bereichen der Gesellschaft (Schriftsteller, Studenten, Professoren, Bauern, Kirche, Frauen) hatte er eine zentrale Koordinationsfunktion. Er weigerte sich, sich vom immer stärker werdenden Antiamerikanismus zu distanzieren. Seine Arbeit in der großen Hafenstadt Inchon brachte ihm schließlich die Anklage wegen Aufwiegelung ein. Doch trotz seiner Bitten um eine harte Strafe vor Gericht sah er die unter bürgerlichen Studenten häufiger vorkommenden Selbstverbrennungen nicht als adäquate Form des politischen Kampfes an. Nina Boschmann