VS intim

■ Dilettantismus der Verfassungsschützer

Anything goes beim Verfassungsschutz. Wie immer, wenn es um lebenswichtige Belange des Staates Bundesrepublik geht, steht der Dienst spitzenmäßig da. Nach dem zunächst anonymen, aber später um so bekannteren alkoholfreudigen Überläufer Tiedge sind wir manches gewöhnt und finden Geheimdienstgarn nur noch fadenscheinig. Von lockeren Sitten im Dienst ist spätestens seit Tiedge die Rede. Das Spionieren und Ausspähen der Opfer ins Kraut schießender innerstaatlicher Feinderklärungen hat den Ruf längst ruiniert, nachdem es sich aber offenbar ganz ungeniert leben läßt. Die Fiktion einer hochkarätig durchorganisierten Beinahe–Elitetruppe, wo Pflicht, Disziplin, Intelligenz versammelt sind, ist durch das Szenario der ausgestiegenen V–Frau heftig angekratzt. Danach herrscht im geheimen Staatsdienst skrupelloser Dilettantismus, tumbe Dummheit und nackte Bereicherungssucht. In jeder Behörde führten diese Zustände zu einer Latte von Disziplinarverfahren, zu sofortigen Rücktritten der Amtsträger und Kanzleileiter. Aber was ist beim VS schon normal? Man könnte darüber beinahe beruhigt sein, daß die Herren des Morgengrauens, wie sie in den 70igern noch hießen, ganz gemeine Deppen sind, Elefanten im Porzellanladen. Die versammelten Analphabeten und Sozialfälle allerdings, und das macht die Mischung so gefährlich, genießen den Schutz höchster Politik nebst Freifahrtscheinen. Man könnte die Ausstiegs–Story über die sieben mageren Jahre als geschickt eingefädelten PR–Coup der Dienstler abtun, die sich nicht nur erneut interessant machen, sondern Vorwände für die eigene Aufrüstung liefern wollen. Jetzt erst recht! Was aber, wenn es so stimmt, wenn der VS sein Ohr ganz dicht an der RAF hatte und das über sieben Jahre hinweg? In einem Falle widerlegt es die Mär von den Helden des Staates, die undercover Schlimmeres verhüten, im anderen Falle bestätigt es furchtbare Phantasien: Der VS dreht mit am Rad des finsteren Mordgeschehens. Wer soll die Verfassung vor solchen Schützern schützen? Benedict M.Mülder