BGAG muß Akten rausrücken

■ Ermittlungsrichter soll relevante Geheim–Akten an Untersuchungsausschuß weiterleiten / Ausschuß–Mitglied besitzt bereits „zugespielte“ Papiere / Post– und Baugewerkschaft fordern Lappas–Rücktritt

Aus Karlsruhe Rolf Gramm

Die gewerkschaftliche Vermögensholding BGAG muß dem Untersuchungsausschuß „Neue Heimat“ untersuchungsrelevante Akten zur Verfügung stellen. Das ist das Ergebnis der Verhandlung des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts um die Einsprüche der Gewerkschaften und ihrer Unternehmen gegen die Beschlagnahme der BGAG– Unterlagen. Das Bundesverfassungsgericht bestimmte am Mittwochabend den im Ausgangsverfahren um die Herausgabe der Akten zuständigen Ermittlungsrichter als ausführendes Organ, um die beschlagnahmten Protokolle vor ihrer Weitergabe an den Untersuchungsausschuß „Neue Heimat“ auf ihre Relevanz für den Untersuchungsauftrag zu sichten. Es handelt sich dabei um die gesamten Aufsichtsratsprotokolle der BGAG von 1977 bis 1986. Der Richter wurde zur „Wahrung strikter Geheimhaltung“ verpflichtet. Diejenigen Materialien, die er an den Ausschuß weiterleitet, erhalten der Geheimhaltungsgrad VS–Geheim, „die Beratungen dürfen insoweit dem Inhalt nach nicht festgehalten werden“. Zur Teilnahme an der Behandlung der Unterlagen berechtigt sind nur die Mitglieder des Untersuchungsausschusses und deren Stellvertreter, je ein Beauftragter von Bundesrat und -regierung sowie Sekretär und Protokollführer des Gremiums. Auch die Teile des Abschlußbe richts, die sich mit den BGAG– Protokollen befassen, werden als VS–Geheim eingestuft. Die Anträge der Gewerkschaften, mit denen sie die Übergabe der Protokolle verhindern wollten, wurden mit dieser einstimmigen Entscheidung des Verfassungsgerichts abgelehnt. Trotzdem würdigte der DGB gestern in einer ersten Stellungnahme als „die Anforderungen des Untersuchungsausschusses sehr einengend“. Offenkundig halte das Gericht die Streikkasse der Gewerkschaften „für außerordentlich schutzwürdig“, da es weder alle Akten an den Untersuchungsausschuß weitergeben, noch diesem die Sichtung des relevanten Materials überlassen wolle. Durch die Geheimhaltungsbestimmungen sei „Vorsorge getroffen“, daß die Protokolle „auch tatsächlich vertraulich bleiben“. Während der Verhandlung am Mittwoch hatten sich Gewerkschaftsvertreter über den Geheimhaltungswillen der Ausschußmitglieder noch wesentlich skeptischer geäußert, da sie den „parteipolitischen Mißbrauch“ des Aktenmaterials befürchteten. Für den Untersuchungsausschuß hatte dessen Vorsitzender Heinz Günther Hüsch (CDU) im Anschluß an die Verkündung des Urteils erklärt, man könne mit „dieser Technik der Geheimhaltung leben“. Gestern jedoch äußerte Hüsch vor Journalisten in Bonn, er könne nicht ausschließen, daß es im Zusammenhang mit den Akten zu „Indiskretionen“ komme. Er rechne dabei weniger mit Indiskretionen aus dem Umfeld der Ausschußmitglieder, sondern eher in den Gewerkschaften. Schon heute lägen der Presse „zumindest Teile der BGAG–Akten“ vor. Der Sprecher der Union im Untersuchungsausschuß, Johannes Gerster, verfügt nach eigenen Angaben seit Mittwoch abend über wichtige Aufsichtsratsprotokolle der Gewerkschaftsholding BGAG, die nicht den Vermerk „geheim“ trügen und ihm „kurzfristig zugespielt“ worden seien. Er werde sie beim Notar hinterlegen und die rechtliche Frage prüfen lassen, inwieweit sie im Ausschuß verwertet werden könnten. Ausschußmitglied Gernot Fischer (SPD) erklärte gestern gegenüber der taz, er befürchte wegen des Umfangs des Materials, das jetzt zunächst gerichtlich gesichtet werden muß, daß das Gremium in Zeitverzug gerate. Druck auf Lappas wächst Berlin (taz/dpa/ap) - Zum erneuten Meinungswandels ihres obersten Managers Lappas, der sich am Mittwoch vor dem Verfassungsgericht nun doch zur Aussage bereiterklärte, gab der DGB auch nach der Bundesvorstandssitzung vom Dienstag keine Stellungnahme ab. DGB–Chef Breit dementierte am Mittwoch bekanntgewordene Pläne der Gewerkschaftsführer über eine in Kürze anstehende Abberufung von Lappas. Gestern wurde jedoch bekannt, daß als erste Gewerkschaft die IG Bau–Steine–Erden den Rücktritt des obersten BGAG–Managers Alfons Lappas fordert. Ihr Bundesvorstand hatte einen derartigen Beschluß bereits am Montag gefaßt. Auch im Hauptvorstand der 450.000 Mitglieder zählenden Deutschen Postgewerkschaft ist nach den Worten ihres Vorsitzenden Kurt van Haaren eine „deutliche Mehrheit“ für eine Ablösung. Van Haaren sagte am Donnerstag in einem ap–Gespräch, er respektiere diese Auffassung, habe aber auf der Sitzung des Führungsgremiums am Vortag auch gesagt, daß mit Lappas Rücktritt allein die Probleme der Gemeinwirtschaft nicht gelöst werden könnten. „Es steht außer Frage, daß die Leute bei uns den Lappas weghaben wollen. Aber eine solche Personifizierung löst die Probleme auch nicht“, sagte er. Dagegen hat sich der Sprecher der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Claus Eilrich, gegen die Ablösung von Lappas gewandt. Seine Gewerkschaft kritisiere zwar auch das Verhalten von Lappas vor dem Bonner Ausschuß. „Das hat wie eine Totalverweigerung ausgesehen, und das halten wir nicht für schlau. Wir sehen nicht die Veranlassung, jetzt Köpfe zu fordern. Dadurch werden die Probleme der Gemeinwirtschaft auch nicht gelöst.“ Die HBV vertritt etwa 10.000 bis 15.000 Beschäftigte in gewerkschaftseigenen Unternehmen in Tarifverhandlungen.