Fiat gewann das Rennen mit Ford

■ Mit dem Kauf von Alfa Romeo gewannen die Turiner Autobauer das Duell mit Ford

Aus Rom Werner Raith

Der italienische Fiat–Konzern hat das Rennen mit dem amerikanischen Ford–Unternehmen um den Kauf des Fahrzeugherstellers Alfa Romeo gewonnen. Am Donnerstag teilte der italienische Staatskonzern Finmeccanica (IRI), zu dem Alfa Romeo gehört, mit, daß Fiat als Käufer ausgewählt worden sei. Der Kaufpreis beträgt dem Vernehmen nach 1.050 Milliarden Lire (750 Millionen Dollar), zahlbar in fünf Raten. Damit hat Fiat die mächtig am Europageschäft interessierten Ford–Manager ein zweites Mal aufs Kreuz gelegt. Voriges Jahr sollte es eine „Ehe“ Fiat–Ford geben, die daran scheiterte, daß Fiat selbstbewußt in Europa die absolute Führerschaft in der Verbindung beanspruchte. Im Frühjahr versuchte Ford sich zu rächen und gab den Kauf der Mehrheit des (derzeit in den Händen des italienischen Staates) befindlichen Flitzer–Herstellers Alfa Romeo bekannt. Zu spät bemerkten die Amerikaner die Falle: Fiat hatte nur die Offerte der Detroiter Karossenbauer abgewartet, um dann genüßlich das eigene Angebot zu unterbreiten. „Leicht wie Mennea einst die hundert Meter Sprint“, gewannen die Turiner nach dem Urteil von La Repubblica - mit zwei Versprechen: erstens übernimmt Fiat nicht nur die Mehrheit, sondern alles (und zahlt dafür in fünf Jahren umgerechnet ca. 750 Millionen DM). Zweitens fusioniert Fiat den Alfa–Konzern mit dem ebenfalls auf Flitzer spezialisierten Lancia– Werken, um mit Nobelautos vom Schlage Mercedes den Rest des Kontinents herauszufordern. Mindestens 250.000 großzylindrige und andere Luxusautos sollen jährlich vom Band gehen. Alles in allem wird Fiat dann europaweit der größte Autohersteller sein. Natürlich erwarten die Italiener nicht gerade Freudenschreie aus Übersee; man stellt sich auf einen harten Verdrängungskampf in den USA ein. Aber dorthin schielt Fiat zunächst auch nicht - die Fragwürdigkeit von US–Verträgen liegt den Italienern sowieso noch immer im Magen, seit ein Lastwagengeschäft mit der Armee gestoppt wurde, weil Libyen einen Minderheitsanteil bei Fiat hielt. Ihre Klein– und Mittelklassewagen wollen sie zunächst nach Fernost - und auch da weniger nach Japan als nach China - exportieren. Ministerpräsident Craxi ist eben von einer Reise dorthin zurückgekommen und hat frohe Botschaft für die Expansion des italienischen Marktes ins Reich der Mitte mitgebracht. Für die Fiat–Familie Agnelli ist der Alfa–Sieg darüber hinaus ein weiterer Einbruch: Er hat eine ganze Reihe von Antitrustgesetzen durchbrochen, die seiner Expansionskraft bisher innerhalb Italiens Grenzen gesetzt hat. Aber mit dem Angebot, einen Europarekord aufzustellen - und dem Appell an Nationalgefühle ist Agnelli seinem Ziel ein Stück näher gekommen, Chef von Europas mächtigstem Konzern zu werden.