Demonstration gegen Ballung der Chemieindustrie am Rhein

■ 10.000 demonstrierten in Basel nach dem Großbrand bei Sandoz / Ein Zwischenfall im AKW Leibstadt, der sich am selben Wochenende ereignet hatte, war tagelang geheimgehalten worden

Basel (taz) - Gegen die latente Gefährdung der Umwelt durch die geballte Chemieindustrie am Basler Rheinknie haben am Samstag mehrere tausend Menschen - die Schätzungen bewegten sich um 10.000 - in der Basler Innenstadt demonstriert. Anlaß war der Großbrand in einer Lagerhalle des Chemiekonzerns Sandoz, bei dem eine Woche zuvor rund 1.200 Tonnen Agrochemikalien in die Luft gegangen waren. Die Forderungen der Demonstranten reichten von entsprechender Aufklärung über die Chemiekatastrophe im Schulunterricht bis hin zum kompromißlosen „Abstellen“ der Basler Chemie– Multis Sandoz, Hoffmann–La Roche und Ciba–Geigy. Die Gebäude von Sandoz und Ciba–Geigy wurden von einer Gruppe Militanter aus dem Demozug heraus mit Steinen und Farbbeuteln beschmissen; die Polizei ließ sich nicht blicken. Am Freitag waren wegen eines Lecks in einem Leitungsrohr erneut mehrere tausend Liter chemisch verseuchten Löschwassers vom Brandplatz in den Rhein geflossen, auf dem daraufhin wieder rötlich–ölige Lachen trieben. Für den heutigen Montag hat der baden–württembergische Umweltminister Weiser (CDU) seinen Besuch in Basel angesagt. Wie erst Ende letzter Woche bekannt wurde, ist es am Sonntag vor acht Tagen zu einer Panne im direkt am Hochrhein gelegenen schweizerischen AKW–Leibstadt gekommen. Weil ein Operateur die falsche Taste gedrückt hatte, schloß sich ein Ventil und der erhöhte Druck löste eine Schnellabschaltung aus. Im Gegensatz zur Werksleitung, die keine erhöhte Strahlenabgabe an die Umwelt meldete, will der BUND, der auf dem deutschen Rheinufer acht eigene Meßstellen unterhält, eine Erhöhung gemessen haben. Während die Werksleitung den schweizerischen und deutschen Behörden den Vorfall mitteilte, blieb die Bevölkerung fast eine Woche uninformiert. Es darf vermutet werden, daß die Atomiker die Stimmung in der Region gleich einen Tag nach der Sandoz–Katastrophe nicht auch noch mit einer AKW–Panne anreichern wollten. thass