K O M M E N T A R Beton gesprengt

■ Zum Hamburger Wahlergebnis

Der Hamburger Beton ist gesprengt. Die SPD ist richtiggehend abgewählt worden. Diese Niederlage kann man jedenfalls nicht mehr in die Konkursmasse der Neuen Heimat hineinmogeln. Es ist ein Votum gegen die absolute Mehrheit. Dieses Wahlergebnis ist eine Quittung für Vieles, für den roten Filz. Filz nutzt sich ab und irgendwann wird dann der ganze Belag ausgetauscht. So geschehen in Berlin und so jetzt in Hamburg. Der Wähler hat nicht für den Zustand, sondern für Politik gestimmt. Das gilt auch für den rauschenden Erfolg der Frauenliste der GAL. Inhaltlich hat die GAL keinen Wahlkampf für ein zweistelliges Ergebnis gemacht, sondern für die unbedrohte Bastion der reinen Lehre. An die SPD wurden Forderungen gestellt, die einen exquisiten Taubstummendialog erwarten lassen. Der Erfolg der GAL ist mehr als ein Erfolg für Frauen und durch Frauen. Die Frauenliste selbst war ein Programm, mit der Hamburger Herrenart Politik zu machen, nunmehr zu brechen. Sie standen für Veränderung. So stehen die Frauen jetzt vor dem Anspruch, dieses Votum für Veränderung auf die GAL selbst zurückschlagen zu lassen. Bislang stand die Frauenliste unter dem Verdacht, Kompromiß einer Partei zu sein, die in ihrem Sektierertum versteinert und erlahmt. Mit dem zweistelligen Ergebnis haben die Frauen in der Bürgerschaft den Auftrag, sich auch von ihrer Partei zu emanzipieren. An Ebermanns Satz, wonach die GAL nicht zu Tauschgeschäften bereit sei, kann man/frau sich nicht mehr klammern. Dieses Wahlergebnis bedeutet eine ideologische tabula rasa. Auch die SPD wird nicht mehr dieselbe sein. Schon in der Nacht wetzten die Fraktionen die Messer. Allein angesichts der zugespitzten Widersprüche in der SPD hat die GAL die einmalige Chance, vom Zünglein an der Waage zur politisch initiativen Kraft in Hamburg zu werden. Siegt in der GAL–Auseinandersetzung die Eimsbütteler Betonfraktion um Trampert und Ebermann, siegt also der unabänderliche Kampf gegen den Sozialdemokratismus, gegen die Machtbeteiligung, dann ist zwar der linksamtliche Radikalismus gerettet, aber um den Preis einer CDU–Regierung. Diese Wahl hat weit mehr als die Bayernwahl eine bundespolitische Konsequenz, weit mehr, als man erwarten konnte. Das lutherische Politik–Bekenntnis von Rau - hier steh ich und kann nicht anders als die Mehrheit wollen - ist zur Komik verdampft. Rau hat die Wahl verloren und man wartet gespannt, ob er sich das zu sagen getraut. Klaus Hartung