I N T E R V I E W „Dohnanyi soll kühl abwägen“

■ Hans–Ulrich Klose, Hamburgs Ex–Bürgermeister, zum Ausgang der Bürgerschaftswahlen

taz: Herr Klose, was sagen Sie zum Wahlergebnis Klose: Eine Katastrophe! Und was hat zu dieser Katastrophe geführt? Es gibt eine Vielzahl von großen und kleinen Ärgernissen, die dazu beigetragen haben, daß die SPD einen Denkzettel abgekriegt hat: Verdoppelung der Hundesteuer, Hamburger Kessel, Morde im Polizeipräsidium (gemeint ist der Mordfall Pinzner, die Red.). Und dann ist natürlich die Geschichte mit der Neuen Heimat für mindestens drei Prozent gut. War denn der konservative Kurs des Klaus von Dohnanyi schuld? Nee, ich glaube nicht, daß man ihn verantwortlich machen kann. Hamburg ist im Prinzip eine konservativ strukturierte Stadt. Die CDU hat ja nun die große Koalition angeboten. Was halten Sie davon? Naja, die Stadt muß in irgendeiner Weise regierungsfähig werden. Ich habe zwar dabei ein sehr ungutes Gefühl, trotzdem glaube ich, muß man miteinander reden. Was wäre Ihnen denn lieber? Wenn Sie mich als Demokraten, nicht als Sozialdemokraten fragen, würde ich sagen, wenn es keine Einigungsmöglichkeit gibt, muß die zweitstärkste Fraktion eine Minderheitenregierung der stärksten tolerieren. Dabei wäre mir aber höchst unwohl. Können Sie sich vorstellen, daß von Dohnanyi zurücktritt und dieses Geschäft dem Innensenator überläßt? Nein, ich wäre schon sehr dafür, daß er bleibt. Ich würde ihm raten, das mit der ihm eigenen kühlen Distance abzuwägen. Der Innensenator bewegt sich zu eindeutig in die konservative Richtung. Und eine Zusammenarbeit mit der GAL? Die scheint mir, so wie die Dinge liegen, nicht möglich zu sein. Die GAL spielt das alte FDP–Spiel. Was Thea Bock gesagt hat: „Nun müssen die das schlucken“ - das geht doch nicht. So kann man nicht miteinander reden. Die GAL ist im Spektrum der Grünen bundesweit eher eine schwierige Landesorganisation. Das mit der Frauenliste war allerdings, wie mir scheint, eine pfiffige Überlegung. Warum erscheint Ihnen die Zusammenarbeit denn so unmöglich? Das Thema „sofortiger Ausstieg“ hat für die GAl Symbolwert. Aber, beim besten Willen, es geht nicht. Ich bin sicher nicht verdächtig, ein Anhänger der Kernenergie zu sein. Wenn „Ausstieg“ mehr sein soll als eine rituelle Forderung, dann ist das frühestens in zehn Jahren möglich. Auch in Hamburg haben wir nicht die geringste rechtliche Handhabe, Brokdorf wieder vom Netz zu nehmen. Genau dieses Problem sehe ich - leider - auf Bundesebene auch. Soll die SPD eine Entscheidung über die Koalitionsfrage bis zur Bundestagswahl hinauszögern? Wahrscheinlich wäre es für alle Beteiligten nicht übel. Weil immer mit einem Auge auf die Bundestagswahl geschielt wird, spielen taktische Erwägungen eine Rolle. Würden Sie nach der Bundestagswahl vielleicht wieder als Bürgermeisterkandidat zur Verfügung stehen? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Das Gespräch führte Tina Stadlmayer