„Freche Frauen“ überzeugten linke Männer

■ Nach der Analyse des Hamburger Wahlleiters ist der Erfolg der Hamburger–GAL nur zum Teil auf neue Frauenstimmen zurückzuführen / Auch Männer ließen sich nicht abschrecken / Großer Erfolg bei Rentnerinnen / Dohnanyi:Hamburg „keine Männerstadt“

Aus Hamburg Florian Marten

Klaus von Dohnanyi, schwer angeschlagener regierender SPD– Bürgermeister, hatte es schon lange vor der Wahl gewußt: „Hamburg ist keine Männer– Stadt“ überschrieb er ein Kapitel in dem für den Hamburger Wahlkampf verfaßten Bekennerwerk „Hamburg - Mein Standort“. Dem Mann, für den die Frauenliste vor der Wahl noch „Kasperle– Theater“ war, ist „die Form des bis zur Männerfeindlichkeit reichenden Feminismus schlicht zuwider“, während ihm andererseits „das Ziel völliger Gleichberechtigung von Frauen und Männern ebenso selbstverständlich ist wie die Tatsache der biologisch vorgegeben Lebensläufe“. Und: „Allerdings, um Ungleiches gleich zu behandeln, bedarf es eben nicht der Gleichheit des Rasenmähers, sondern eines oft sehr differenzierten Eingehens auf die faktischen Unterschiede.“ Wie eine Frauenliste beschaffen sein müßte, die Dohnanyi gefällt, offenbaren seine Emanzipationsvorbilder: „eine bedeutende Reederei wird durch Frau von Rantzau geführt; Hamburgs Mode ist von Jil Sander berühmt gemacht worden; die Reihe läßt sich lang fortsetzen.“ Die GAL–Frauenliste äußert sich zurückhaltend zu ihrem Erfolg. Die „freche Frau“ Adrienne Goehler, noch am offensivsten, führt den GAL–Erfolg „auf einen richtigen Einbruch in das Wähle rinnen–Lager zurück“. Andere Frauen gewichten den Erfolg der Frauenliste etwas geringer, stellen aber heraus, daß die Frauenliste nicht - wie in den Reihen der Grünen früher oft behauptet - männliche Wähler abgeschreckt habe. Während des Wahlkampfes hatten grüne Frauen und Männer die Erfahrung gemacht, daß einige jüngere frustrierte Macker (“Ich hab mich gerade von meiner Frau geschieden, hab immer GAL gewählt, aber jetzt die Frauenliste - nee!“), junge Frauen (“ich find das toll mit Eurer Frauenliste“) und ältere Frauen (“Ich wähl diesmal euch Frauen“) ihre Wahlentscheidung - ob für oder gegen die GAL - mit dem Frausein der Liste begründeten. Männer wählen GAL Die Wahlergebnisse zeigen jedoch, daß die GAL noch imer deutlich stärker von Männern gewählt wird. Hamburgs Wählerinnenpartei ist die SPD: Auf 10 Männerstimmen kamen bei der SPD elf, bei der CDU zehn, bei der FDP und bei der GAL 8,5 Frauenstimmen.Dennoch gelangen der GAL bei einzelnen Wählerinnen–Gruppen überdurchschnittliche Zuwächse, die allerdings die Dimension des Erfolgs (ein um 60 tion gelang bei den Frauen über 60: Während bei den Männern über 60 im Vergleich zu 1982 unverändert knapp zwei Prozent GAL wählten, verdoppelte sich der Frauenanteil der GAL hier von ein Prozent auf zwei Prozent. Dieser winzige Anteil ist von hohem Gewicht, erklärt fast allein den gesamten Frauen–Stimmen–Zuwachs der GAL: Ein Drittel der Wahlberechtigten in Hamburg war älter als 59 Jahre, von diesem Drittel sind 70 Frauen über 60: 83 unter 25 dagegen nur 60 Wahlstimme am Sonntag von einer Frau über 60. In allen anderen Altersgruppen entspricht der Frauenstimmen– Zuwachs der GAL in etwa dem Stimmenzuwachs bei den Männern. Während die CDU und die GAL der SPD Frauenstimmen bei den alten Menschen abjagen konnten (SPD hat jedoch in diesem Bereich mit 44 Bastion), verlor die SPD dramatisch bei den Frauen unter 35 - vor allem an die GAL: Die GAL kletterte in dieser Altersgruppe von 18 auf 30 sackte von 55 auf 39 Gewinn bei älteren Wählerinnen Noch immer ist die GAL auch bei den Frauenstimmen eine extrem junge Partei, die jedoch bei den Älteren überdurchschnittlich zulegt: Bei den unter 35jährigen wählten 30), bei den 35–45jährigen 14,4 über 300 100 zwei Prozent (Zuwachs 100 Von einer Wahlenthaltung der Männer angesichts der Frauenliste ist nichts zu sehen. Im Gegenteil: Gerade bei den Männern unter 45 sank die Wahlbeteiligung gegenüber 1982 weit weniger als die der Frauen und gewann die GAL ebenfalls außerordentlich viele neue Wähler.Ein einziges Indiz deutet auf einen möglichen Abschreckungseffekt der Frauenliste: Bei den gleichzeitig stattfindenden Bezirksparlamentswahlen trat die GAL mit gemischten Listen an, erzielte auf Bezirkseben 12,7) auf Bürgerschaftsebene. Ob daß jedoch an der Frauenliste lag, läßt sich schwer abschätzen. Schon immer lag die GAL auf Bezirksebene etwas besser als im Stadtparlament, wenngleich die Differenz noch nie so groß war.