Staatskarosse ohne Motor

■ Rau–Berater geben vieldeutiges Signal

Düsseldorf(taz) - Haben die überzeugten Rau– Anhänger, in der Bonner SPD–Baracke giftig „NRWlinge“ genannt, nach Hamburg endgültig ausgespielt? Signalisiert der Rückzug von Wolfgang Clement und Bodo Hombach aus Bonn das Eingeständnis des Scheiterns, oder steckt hinter dem Schritt von Raus wichtigsten Wahlkampfplanern ein letzter, dramatischer Versuch, die Partei doch noch einmal auf Trab zu bringen? Dutzende von Spekulationen kursieren derzeit in Partei– und Journalistenkreisen zum Thema. Sicher ist nur, daß das derzeitige Personen– und Machtgefüge in der SPD nicht von Dauer sein wird. Sicher ist auch, daß der Rückzug der absolut Rau–Loyalen Wahlkampfmacher nicht gegen Rau, sondern gegen die „Glotz– Truppe“ gerichtet ist. Nur, warum bleibt dann Rau? Bodo Hombach hat sich ja nicht deshalb zurückgezogen, weil er seine Wahlkampfstrategie für falsch hielte. Er glaubt nach wie vor, daß eine SPD, die eine Zusammenarbeit mit den Grünen auf Bundesebene signalisierte, in der derzeitigen historischen Situation keine Mehrheit in Bonn zustande– brächte. Chancen für die SPD liegen für Hombach „vor allem in der sozialpolitischen, nicht der Energiepolitischen Profilierung“. Als radikale Antiatomenergiepartei sind die Grünen allemal überzeugender. Ein Einbruch ins konservative Lager ist so kaum zu schaffen. Wieviel von der bisher noch gebundenen SPD–Klientel wegbrechen würde, entschlösse sich die SPD zur Zusammenarbeit mit den Grünen, wissen natürlich auch die Hombach–Kritiker nicht zu sagen. Daß ihre Konzepte allenfalls geeignet sind, aus 100–prozentigen SPD–Wählern hundertfünfzigprozentige zu machen und ansonsten nür noch auf die Klientel der Grünen zielen, dieser „Gedankengang ist bei der SPD–Linken zur Zeit nicht besonders populär“. Entsprechend überkreuz liegt diese Parteilinie mit dem Rau–Konzept. „Wenn ich sowieso nichts zu sagen habe, was soll ich dann in der Wahlkampfkommsission?“, fragt Hombach. Zum „Sündenbock“ spielen hat er keine Lust. Vom Parteivorstand wurde Glotz am Montag zum alleinigen Wahlkampfchef bestimmt. Das ist ungefähr so logisch, wie die Kür von Erhard Eppler zum PR–Chef von Ex–Kanzler Helmut Schmidt Sinn gemacht hätte. Rau ohne Clement und Hombach als Kandidat für Bonn, wirkt so, als mache sich „Bruder Johannes“ mit einer Staatskarosse ohne Motor auf zum Kanzleramt. Rau, der seit seiner Kandidatur kaum einen Schritt, kaum eine Äußerung ohne Rücksprache mit Clement gemacht hat - „da muß ich erst Mal mit dem Wolfgang sprechen“, ein geflügeltes Rau–Wort der letzten Monate - gibt sich vorerst mit der Beratertätigkeit von Clement und Hombach zufrieden. Beide sitzen nun gemeinsam im Düsseldorfer SPD–Büro und wollen ihn „mit voller Kraft unterstützen“. Bodo Hombach: „Ich habe die Intrigen satt. Ich will jetzt endlich Wahlkampf machen. Gut, daß jetzt klare Verhältnisse über die Entscheidungsstrukturen herrschen.“ Dabei werden sich die beiden aber wohl kaum auf Sonderaktionen in NRW beschränken. Besonders der vom SPD–Landesvorstand schon vor der Hamburgwahl beschlossenen nordrheinwestfälischen Sonderwahlkampf, Kostenpunkt 1,5, Mio DM, hatte linke Bundesvorständler am Montag in Bonn gegen Hombach aufgebracht. „Stammlandsicherung“ in NRW, Schadensbegrenzung für Rau als Ministerpräsidenten? Derzeit scheint viel mehr nicht drin zu sein. Jakob Sonnenschein