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Große Koalition ohne Chance

■ Heftige Auseinandersetzungen zwischen den SPD–Parteiflügeln / Keine Große Koalition, keine rot–grünen Gespräche / Minderheitenregierung mit Neuwahlperspektive bei SPD im Gespräch

Aus Hamburg Tom Janssen

Nach der erdrutschartigen SPD– Wahlniederlage am Sonntag stand für Hamburg die Lösung Große Koalition greifbar im Raum. Der knappe Wahlsieger CDU verkündete sie forsch, der Minderheitssenats–Bürgermeister Klaus von Dohnanyi befürwortete sie indirekt. Nach dem SPD–Landesvorstand hat nun gestern auch die zusammengeschrumpfte SPD–Bürgerschaftsfraktion ihr Machtwort gesprochen: Mit der CDU wird es keine Große Koalition geben, mit der GAL vorerst keine Gespräche. Fraktionschef Henning Voscherau, neuer starker Mann der Hamburger SPD meinte, bereits wieder ganz mit der Arroganz der Macht: „Vor dem 25.1. läuft nichts, wir haben Besseres zu tun, als mit der CDU zu reden, wir müssen den Wahlkampf gewinnen.“ Statt Großer Koalition setzten die gebeutelten Hamburger Sozialdemokraten nun auf eine Minderheitenregierung mit „wechselnden Mehrheiten“. Doch dazu stellte CDU–Fraktionschef Hartmut Perschau bereits eindeutig fest: „Mit uns nicht, irgendwo hat jedes Entgegenkommen sein Ende.“ Gleichzeitig beschloß die SPD– Fraktion, keine rot–grünen Gespräche zu führen. Auf der Basis des GAL–Tolerierungskataloges und wegen des immer noch ungeklärten GAL–Verhältnisses zur Gewalt sei das nicht möglich. Mit dieser vorläufigen Marschroute, die in einer Klausurtagung von Landesvorstand und Fraktion am Freitag/Sonnabend festgeklopft werden soll, wurde das drohende Auseinanderbrechen der Hamburger SPD vorerst verhindert. Geflügeltes Wort in den letzten Tagen nach dem Wahlsonntag war: „Geht man die Große Koalition ein, brechen der linke Flügel und auch die Gewerkschafter weg, beginnt man unmittelbar rot– grüne Gespräche, drehen die rechten Hardliner durch.“ Die überwiegende Mehrheit der Partei setzt nun flügelübergreifend auf Neuwahlen nach der Bundestagswahl. Dem halten Skeptiker auf beiden Seiten entgegen, daß eine Wiederholung der 82er „Hamburger Verhältnisse“ (damals wurde nach einem ähnlichen Wahlergebnis wie jetzt neugewählt, die SPD errang die absolute Mehrheit zurück) undenkbar sei. Diesmal nämlich sei die Wahlniederlage hausgemacht, eine Wahlwiederholung so kurzfristig komme nur CDU und GAL zugute. Zwei innerparteiliche Verlierer stehen jetzt schon fest: Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und sein starker Mann, Innensenator Alfons Pawelczyk, die beide eine Große Koalition befürworteten.

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