■ Nach dem Krieg: Die Herren bleiben

Im Ersten Weltkrieg steckt das Militär Milliarden in die Industrie, um unabhängig von ausländischen Munitionslieferungen zu werden. Die Chemie tut das Ihrige. 200 Firmen erkennen die Chance und schließen sich zur IG Farben zusammen. Mit Hitler wachsen die Perspektiven. Der erste „Vierjahresplan zur Herstellung der Kriegsfähigkeit des Deutschen Reiches“ sieht 72,7 Prozent der Mittel für die IG Farben vor. Und die macht mit, was die Machthaber vormachen: Nach dem Einmarsch in Österreich und der Tschechoslowakei übernimmt sie dort Fabriken. Und in Polen entsteht eine riesige Anlage zur Produktion synthetischen Öls - erbaut von Insassen des sechs Kilometer entfernten KZ Auschwitz. Zur Behebung des „Arbeiterbeschaffungsproblems“ richtet die IG Farben ein eigenes privates KZ ein: Von den 300.000 Häftlingen sterben während der Arbeit mindestens 25.000. Die übrigen enden in den Gaskammern von Auschwitz.Doch der IG Farben geht es gut: Umsatzrekorde. Spendenrekorde. Mit Spenden in Höhe von 4.339.975 Reichsmark von 1933 bis 1945 ist sie der größte Einzelgeldgeber der NSDAP. Die Gesamtaktiva des Konzerns betrugen sechs Milliarden Reichsmark, er beherrschte ein Kartell von über 2.000 Gesellschaften. Sein Auslandsvermögen verteilte sich auf 94 Länder. 40.000 Patente nannte die IG Farben ihr eigen. Mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs ist es auch aus für den Chemiekonzern. Am 27. Juli 1947 beginnt der Prozeß gegen 24 leitende Angestellte wegen „Vorbereitung und Führung von Angriffskriegen, Einfällen in andere Länder, Raub und Plünderung sowie Versklavung und Tötung der Zivilbevölkerung, Kriegsgefangener und KZ–Insassen“. Ein Jahr später werden elf Angeklagte freigesprochen, 13 werden verurteilt. Höchststrafe: acht Jahre. Der Konzern ist zu Ende, doch die Herren bleiben. Sie bestellen das nächste deutsche Wirtschaftswunder. (ap/taz)