AKW Cattenom endgültig am Netz

■ Franzosen schaffen vollendete Tatsachen / Saarland erst später informiert / Störfall während Probebetrieb immer noch nicht restlos aufgeklärt / Neue Protestaktionen am Wochenende

Aus Heidelberg Felix Kurz

Das heftig umstrittene Atomkraftwerk Cattenom ist endgültig ans Netz gegangen, und wieder einmal wurden die zuständigen Stellen im Saarland entgegen allen vorherigen Absprachen erst im nachhinein informiert. Donnerstag abend, 22.08 Uhr, tickerte im saarländischen Innenministerium der Fernschreiber. Der Leiter des Zivilschutzes beim Präfekten in Metz, Jacques Hübsch, teilte mit, er habe die „Ehre, Ihnen mitzuteilen“, daß der Block 1 des AKW Cattenom seit 21.23 Uhr an das Netz der EdF (Electricite de France) angeschlossen sei. Die EdF teilte außerdem mit, daß vorläufig etwa zehn Prozent der Stromerzeugungskapazität von 1.300 Megawatt abgegeben werden. Die hundertprozentige Leistung solle vom Reaktorblock Anfang kommenden Jahres erreicht werden. Der Block I von Cattenom war vom 12.–17. Juli mit Brennstoff beladen worden. Die erste Kettenreaktion erfolgte am 24. Oktober dieses Jahres. Eine Woche zuvor hatten die französischen Stellen den Saarländern noch zugesichert, daß man sie mindestens 24 Stunden vor der endgültigen Inbetriebnahme des Atommeilers informieren werde. Der Schritt der Franzosen kam einmal mehr überraschend. So war, allgemein bedingt durch die zahlreichen Pannen während des Probelaufes, erwartet worden, daß das AKW frühestens Ende November ans Netz geschaltet werden könne. Zudem ist bis heute die genaue Ursache des bislang größten Störfalls im Probebetrieb, eine Überschwemmung der Reaktorkeller mit rund 400 Millionen Liter Wasser, nicht restlos aufgeklärt. Die saarländische Landesregierung warf der Bundesregierung erneut vor, mit ihrer „ausdrücklich kritiklosen Zustimmung“ Cattenom ermöglicht zu haben. Die Bürgerinitiativen im Dreiländereck hatten für den Tag X, den Tag, an dem Cattenom offiziell ans Netz geht, neue Proteste angekündigt. Am späten Freitagnachmittag kam es in Saarbrücken zu einer ersten spontanen Demonstration. Auch am Wochenende werden zahlreiche Protestaktionen erwartet.