P O R T R A I T Ein Anwalt der Arbeiter

■ Zum Mord an dem philippinischen Gewerkschaftsführer

Es scheint , als wollten ihn seine Häscher gründlich zum Schweigen bringen: der Vorsitzende des linken philippinischen Gewerkschaftsdachverbandes KMU und der legalen Linkspartei Partido ang Bayan (PNB) wurde von seinen Mördern nicht nur gefoltert, entstellt, erstochen und erschossen, man stopfte ihm auch noch den Mund mit alten Zeitungen. Was hatte Rolando Olalia zu sagen? Jahrelang vertrat der 52–jährige Rechtsanwalt den Gewerkschaftszusammenschluss NAFLU bei Tarifverhandlungen. Im Mai 84 übernahm er von seinem Vater, dem legendären Arbeiterführer Felixberto Olalia, den Vorsitz der 500.000 Mitglieder starken Kilusang Mayo Uno (KMU - Bewegung zum 1. Mai), und seit ihrer Gründung im Herbst diesen Jahres führte er auch die einzige legale Linkspartei der Philippinen, Partido ang Bayan (Partei des Volkes) an. Trotz dieser Ämterhäufung umgab ihn weder privat noch auf Demos die Aura des „großen Vorsitzenden“. Olalia war ein Mann, der bescheiden und zurückhaltend auftrat und (worauf er Wert legte) seine Hemden selbst bügelte. Bei den Präsidentschaftswahlen im Februar dieses Jahres plädierte die KMU ebenso wie die Mehrheit der Linken für einen Wahlboykott, da sie an der Möglichkeit fairer Wahlen unter Marcos zweifelte. Sofort nach dem spektakulären Urnengang jedoch beteiligten sich die linken Gewerkschaften an den Protestaktionen zugunsten der heutigen Präsidentin, seit dem Machtwechsel kam es zu zahlreichen Begegnungen zwischen Olalia und Aquino. Die KMU, die von Konservativen oft als Frontorganisation der KP verdächtigt wird, trat wie auch die kleineren kirchlichen und gelben Gewerkschaftsverbände einem vom Arbeitsministerium ins Leben gerufenen Beratungsgremium namens „Labour Advisory Consultative Committee“ (LACC) bei. Im Gegenzug konnte die KMU in diesem Jahr zum ersten Mal die Arbeitnehmervertreter für die philippinische Delegation der ILO (International Labour Organization der UNO) in Genf stellen. Im Land selbst konzentrierte sich die Politik auf die Durchsetzung des schon unter Marcos staatlich garantierten Mindestlohns. Warum war Olalia so gefährlich? 48 Stunden vor seiner Ermordung erklärte er, sowohl Bayan als auch die KMU würden Aquino im Fall eines Militärputsches bedingungslos stützen. Nina Boschmann