GEW wollte Opposition aussperren

■ Bundeskongreß der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften / Gruppe arbeitsloser Lehrer konnte nur mit Druck ihre Modelle gegen Arbeitslosigkeit vortragen / Mehrheit in der GEW für traditionelle Tarifpolitik

Von Christian Malzahn

Osnabrück (taz) - In Osnabrück begann gestern der 20. Bundeskongreß der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften. Bis zum Mittwoch dieser Woche wollen die 400 Delegierten der 200.000 Mitglieder zählenden Organisation dort bildungs– und tarifpolitische Fragen diskutieren. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Diskussion um Arbeitszeitverkürzung für Lehrer und das Problem der Arbeitslosigkeit insgesamt ein. In diesem Zusammenhang kam es kurz vor Beginn des Kongresses gestern morgen fast zu einem Ek lat: Einer etwa 20köpfigen Gruppe arbeitsloser Lehrer wurde der Einlaß in die Stadthalle verwehrt, weil sie über kein Delegiertenmandat verfügten. Die erwerbslosen Pädagogen, die dem Arbeitskreis arbeitsloser Lehrer Bielefeld angehören, hatten sich im Vorfeld des Gewerkschaftstages beim Bundesvorstand der GEW darum bemüht, ein Grußwort an die Kongreßteilnehmer richten zu dürfen. Der Bundesvorsitzende der GEW, Dieter Wunder, hatte die Bitte mit der Begründung abgelehnt, daß sich unter den Delegierten ja auch arbeitslose Lehrerinnen und Lehrer befänden. Die Mitglieder des Arbeitskreises verwiesen darauf, daß die pure Präsenz einiger erwerbsloser GEW–Mandatsträger noch nicht bedeute, daß auf dem GEW–Kongreß auch die der Gruppe eigenen oppositionellen Positionen vorgetragen würden. Erst als die Bielefelder Arbeitslosen am Eingang der Stadthalle lautstark Protest anmeldeten, lenkte der GEW–Hauptvorstand ein und gestand ihnen eine Rede zu. Die Vorschläge des oppositionellen Arbeitskreises gehen deutlich über die herkömmliche Strategie der GEW in Sachen Arbeitslosigkeitsbekämpfung hinaus. So fordert er, den Schwerpunkt der nächsten Tarifrunde auf Arbeitszeitverkürzungen zu legen und die Grundforderungen in den Hintergrund treten zu lassen - was in der GEW Konsens zu sein scheint. Der Arbeitskreis legte auch ein Finanzierungsmodell vor, mit dem in Nordrhein–Westfalen 20.000 neue Stellen geschaffen werden könnten, wenn sich das Land mit 40 Arbeit mit 30 würde. Ob dieser Plan in den nächsten Tagen diskutiert wird, ist fraglich. Denn die Mitglieder des Arbeitskreises sind als Delegierte nicht vertreten und haben kein Antrags– oder Rederecht.